Mittwoch, April 19, 2006

(38) Zusammenfassung (BEJ32)

Hermann Boventer: Ethik des Journalismus
Wenn wir vom Standpunkt christlicher Soziallehre aus die Massenmedien und den Journalismus beobachten, welche Antworten sind dann auf folgende Fragen zu geben?
Wie kann eine Ethik für den Journalismus aussehen?
Was soll eine solche überhaupt sein?
Worauf beruft sie sich?
Welche Aufgabe erfüllt sie?
Läßt sie sich, und wenn ja, institutionalisieren?
Gibt es einen speziell christlichen Weg, einen christlichen Journalismus?
Welche Grenzen sind dem Journalismus gesetzt?
Leisten Journalisten einen Dienst im öffentlichen Auftrag?
Erkenntnistheorie
Wenn wir von Erkennen sprechen, so meinen wir Verstehen von Ereignissen. Wir sind dabei immer schon traditionell, weil wir bereits vorhandenes Wissen gebrauchen, um neues zu interpretieren.
Wir verlassen uns also auf Wissen, dass der menschlichen Erfahrung entstammt. Alle menschliche Erkenntnis ist die Analyse unserer Erfahrungen und so geht auch die Wissenschaft aus der Lebenspraxis hervor und ist auch für diese wieder vorgesehen.
Der Ausgang von der Schöpfungstheorie und von Gott, macht die Welt prinzipiell verstehbar und auch erkennbar, wenn auch eine Grenze zum Letzten besteht. Wir entdecken die Möglichkeiten, die Gott in der Wirklichkeit geschaffen hat. Aus diesen Möglichkeiten bilden wir Abstraktionen. Der Journalist z.B. beobachtet Phänomene und übersetzt sie in Sprache. Dabei ist dem Journalismus, die Idee der Wahrheit immanent, denn niemand will einen unwahren Bericht oder falsche Nachrichten. Es stellt sich also die Frage, was Wahrheit ist und wie man sie erkennen kann.
Wir benötigen eine Erkenntnistheorie, eine sinngerichtete Anschauung des Ganzen mit der wir die Erkenntnis und Verständnis von Dingen und Menschen erlangen können, um das Wahre zu wissen und das Gute zu wählen.
Wahrheit
Wahrheit ist dabei ein ethisches und politisches Ziel. Bei Heidegger ist das Sein als Seiendes wahr. Das Wahre als solches seiend. Die Wahrheit gehört zum Wesen des Seins. Seiendes sein, das heißt für Heidegger: zum Vorschein kommen, erscheinend auftreten, sich hin-stellen, etwas her-stellen. Das Wahre ist hier das Wirkliche und der Wahrheitswille zeigt sich in der Zuwendung zur Wirklichkeit. Sie, die Wirklichkeit, soll sprechen und wir wollen erkennen und verstehen was sie sagt und nicht, was wir wünschen, was sie sagen soll. Auch Thomas von Aquin fasst Wahrheit als Übereinstimmung von Ding und Denken, von äußerer Wirklichkeit und innerer intellektueller Erfassung dieser.
Doch auf welche Realität bezieht sich unsere Wahrnehmung? In einer medienvermittelten Realität bezieht sie sich auf die von anderen Menschen vorbereitete Wirklichkeitsbeobachtung. Der Mensch ist von Natur aus ein kommunikatives, ein dialogisches Wesen. Mit Pross können wir sagen, der Mensch ist das Resultat kommunizierender Kräfte und in diesen bewegt er sich sein Leben lang. Das Ende der Kommunikation ist auch das Ende seines Lebens, der Tod. Der Mensch ist also nicht Mensch aus sich allein heraus, sondern immer Mensch Mit-Menschen. Es besteht ein Aufeinanderangewiesensein und so konkretisiert sich im „communicare“ des Gesprächsmodells die Moralität der menschlichen Person gegenüber, denn diese sind es die sprechen und hören.
Durch die Sprache kann der Mensch auch ein Subjekt in freier Selbstbestimmung werden, denn er erschließt sich durch sie, die in Gemeinschaft erworbene, seine perspektivisch wahrgenommene und dennoch reale Lebenswelt.
Der Mensch braucht also die Mitmenschen um er selbst zu sein. Doch um gemeinsam zu sein, bedarf es ein Stück ethisches und sittliches Verhalten gegenüber der Gemeinschaft und eine Gewissenhaftigkeit des Handelns, damit der Mensch nicht zum Wolf wird.
Und der Mensch muss, da er es ist, der seine Welt erkennt, den Dingen Bedeutung gibt und nach eigener Einsicht handelt, Vernunft zeigen, welche sich durch den Gebrauch von Freiheit erweist. Wobei es Post-Nietzsche nicht mehr möglich ist, jedwede Moral nicht einer dauerhaften Überprüfung zu unterziehen und ihre funktionale Begründbarkeit zu zeigen.
Sicherlich ist es eine Leerformel wie Kluxen sagt, zu fordern, man soll das Gute tun und das Böse lassen, doch sie ist wie er folgert, nicht überflüssig. Sie gibt die moralische Differenz an, in welcher der praktische Charakter der Ethik indiziert wird.
Vom rechten Gebrauch der Freiheit lässt sich erst dann sprechen, wenn sie als Gabe, als Auf-gabe und Möglichkeit des Existierens verstanden wird. Es kommt darauf an „Ich“ zu sein, als „Handelndes Subjekt“ aufzutreten und als solches sich verantwortlich zu fühlen für „das Ganze“, dass auf meinen Schultern mitgetragen wird. Ich bin verantwortlich für die Wirkungen die ich verursache. Das gilt genauso, wenn ich mich in meiner Freiheit entscheide Politik zu machen oder Medieninhalte zu formen und anderen Mitmenschen als wahre Wirklichkeit zu präsentieren.
Der Journalist
Die Wirklichkeit die der Journalismus hervorbringt ist eine moralische Wirklichkeit, denn das menschliche Können hängt davon ab, was wir erkennen. Deshalb ist ein ethisches Denken für den Journalismus unbedingt.
Der Journalist steht in der Neuzeit als Agent der Bürger in Sachen Neuigkeitsbeschaffung. Dabei sollen diese Neuigkeiten gleichzeitig wahr sein. Die Rezipienten sind auch Menschen, die sich aus den wahrgenommenen Medieninhalten ein Weltbild einer Welt bilden, die außerhalb ihrer eigentlichen Sinnesreichweite liegt und deren Wirklichkeit sie nur aus den Medien kennen. Diese Menschen sind darauf angewiesen, dass man sie nicht anlügt oder die Wirklichkeit fratzenhaft verzerrt.
Der demokratische Meinungskampf gründet auf der Presse- / Meinungsfreiheit und dem daraus abgeleiteten Recht sich informieren zu dürfen. Die geistige Welt die der Journalismus bei verbreiten seiner Informationen schafft, sollte nicht leichtfertig eine auf Unwahrheiten basierende geistige Sphäre schaffen, aus der sich reale Handlungen ableiten werden. Der Journalist ist in einer mächtigen Position, denn er bestimmt, was in den Mittelpunkt seiner Nachrichten rückt und was er ausschließt. Er wählt den Focus des Betroffenseins seiner Mitmenschen, er unterscheidet wem oder was er das kostbare Gut „Aufmerksamkeit“ zu Teil werden lässt. Der Journalist ist der Gatekeeper am Tor zur öffentlichen Meinung. Er hat eine verantwortungsvolle Aufgabe.
Kant sah den Journalisten bereits als Teil der Aufklärung. Die öffentliche Urteilskraft fördern, die Mündigkeit der Bürger stärken und die Humanität festigen, dass seien seine Aufgaben. Dazu müsse diese Berufsgattung die Fähigkeit entwickeln, die Welt auf Normen zu beziehen und daran zu messen, sowie Kritik zu üben. Immer mit dem Ziel, den Bürger aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien.
Zunächst sollte sicher die Quellenkritik besonders beachtet werden, sowie eine an Authentizität – trotz, oder gerade wegen der technischen Bedingungen – orientierte Berichterstattung und Verständlichkeit. Der Journalist handelt mit sprachlichen Mitteln, dabei drückt sein Sprachverständnis sein Weltverhältnis aus. Verständlichkeit meint nicht primitive Sprache, sondern eine, die Lebenswelt beachtende Sprache. Der Gesprächspartner muss erhalten bleiben.
Das teleologische Denken auf den Journalismus angewendet beschreibt Scheler in etwas so. Ein von Menschen hergestellter Journalismus bewegt sich in seinen Darstellungen entweder auf das einend Heilserfüllende oder das unheilvoll Auflösende zu. Beides ist von den Urhebern zu verantworten und so sind sie - wenn sie sich nicht für das Zweite entscheiden wollen, und das würden sie tun, wenn sie sie sich nicht für das Erste entscheiden - darauf angewiesen, Vernunft, Erfahrung und Einsicht zu gebrauchen.
Es geht hier um eine möglichst objektive Wahrheitsfindung und das heißt: (1) Geduldiges Sammeln von Fakten; (2) Ordnen der Fakten zu einem Bild; (3) Überprüfen des Ganzen; (4) Bereitschaft zu Korrektur.
Für eine demokratische Lebensform ist einfreier und guter Journalismus konstitutiv. Auf dem Umschlagplatz, dem Markt der Ideen und Themen, nimmt er eine vermittelnde öffentliche Aufgabe wahr.
Die Theorie von der „Social Responsibility“ ist es vor allem, die dem liberalistischen und wertfreien Wissenschaftsgeist gegenübertritt und eine Presse- und Journalistenethik begründet. Es ist hier die Pflicht der Presse eine neue Welt durch die Verbreitung von Wissen schaffen zu helfen, wobei sie sich für die Wertschätzung der Ziele einer freien Gesellschaft mitverantwortlich fühlt. 5 Punkte einer journalistischen Sozialverantwortung werden dargestellt: (1) Die Presse hat die Tagesereignisse wahrhaftig und in ihrem Zusammenhang umfassend darzustellen; (2) Die Presse soll ein Forum für Austausch von Kritik sein; (3) Die Presse soll ein repräsentatives Bild der gesellschaftlichen Kräfte geben; (4) Sie hat die Werte und Ziele der Ges. darzulegen und zu klären; (5) Die Presse hat einen vollen Zugang zum Tageswissen – „full access to the day`s intelligence“- zu verschaffen.
Selbst in der systemtheoretischen Analyse von Rühl und Saxer wird ein Ethikbedarf als moralisches Steuerungspotential gesehen. Boventer geht noch darüber hinaus und verweist auf die dem Journalismus innewohnende Subjektivität, welche durch die Persönlichkeiten die mit ihrer persönlichen Moral die Basis des Journalismus sind, ihm eigen ist. Darum müsste schon die Qualifikation für diesen Beruf eine ethische und sittliche Professionalisierung beinhalten.
Sprache
Es wurde bereits erwähnt, dass es in der Mitmenschlichkeit – und Medienkommunikation ist wie alle Kommunikation, Kommunikation mit Menschen – auch auf die Sprache die gesprochen wird ankommt. Sprache ist eine Tätigkeit. Aus dem sprechen, dem verstehen und dem antworten geht das Gemeinsame hervor. Die Sprache selbst ist Ich-los, sie enthält stattdessen einen Wir-Bezug, man spricht immer zu jemandem.
Die christliche Religion achtet das Wort schon deshalb sehr, weil sie es – die Kommunikation – an den Anfang der Schöpfung stellt. Und auch der Mensch braucht, gottähnlich, nur seine Gedanken auszusprechen und es gestaltet sich die Welt. Es wird Licht und Finsternis, Wasser sondern sich vom Festland. Die Welt ist die Signatur des Wortes. Umso wichtiger ist es zu bedenken, dass sich im Dialog der Sprache Wahrheit ereignet und das deshalb gefragt werden sollte nach den Regeln des gemeinsamen Argumentierens im Diskurs, um mit Habermas zu sprechen. Damit nachher wirklich der „zwanglose Zwang des besseren Arguments“ gilt.
TV
Wenn wir von moderner Medienkommunikation sprechen, dann richtet sich der Blick auf das, was heutzutage in der Regel den Blick im häuslichen Umfeld auf sich zieht und an dem Ort steht, wo einst der Hausaltar seinen Platz fand: der Monitor. Sein inzwischen veralltäglichtes Massenmedium, das TV, und das vergleichsweise jüngere, der Computer mit dem Anschluss ans WWW, präsentieren sich über / durch ihn. Und gerade am Beispiel TV kann man, wenn man das Augenmerk zunächst auf die technischen Aspekte lenkt, feststellen, wie groß der Unterschied zum ehemaligen Primat der Medienkommunikation, der Schrift, ist.
Im TV findet gleich eine doppelte Codierung statt: Wort und Bild, wobei das Bild deutlich überproportional wahrgenommen wird. In der Regel werden Worte sogar oft den Bildern hinterher beigefügt, womit sie ihre Authentizität einbüßen.
Einst waren Bilder das einzige Medium, ein vergängliches Wort in seiner Anschauung gegenwärtig zu halten. Sie waren magische Kommunikationsmittel und bildeten nicht nur ab, sondern beschworen die Wirklichkeit. Beim modernen TV-Bild tritt die elektronische Technik dazwischen und fabriziert eine Techno-Bilderwelt. Die Bilder sind jetzt keine Unikate, keine Kunstwerke mehr, aber ihre Seinsmächtigkeit ist noch vorhanden. Der Zuschauer sitzt vor fremdbewegten Bildern, die Perspektive die auf ein Ereignis eingenommen wird, bestimmt der Regisseur. Beim Spielfilm ist es nicht nur wie im Theater eine Spiegelung, sondern die Spiegelung einer Spiegelung. Der Einbuße an Authentizität und Originalität steht jedoch ein Gewinn an Publizität gegenüber. Reichweite und Mitteilungsform kommen dem Rezipienten entgegen. Es lassen sich 2 Erfahrungen anschließen: (1) Oft genug wird das Verhältnis Wirklichkeit und Wirklichkeitsdarstellung umgekehrt à es wird nicht über das Ereignis berichtet, sondern der Bericht wird zum Ereignis. Und daraus (2) folgernd, müsste sich überlegt werden, wie die „Elektrisierung“ der Alltagskommunikation unter dem Aspekt „Menschlichkeit“ gesehen werden kann und eine sittliche Vertretbarkeit des technisch machbaren gelingt.
Wirkungstheorien
Denn die Wirkung dieser Medienwelt ist zwar umstritten, aber deswegen keinesfalls banal. Die bekannte Laswell-Formel lautet: Wer sagt Was zu Wem durch Welches Medium mit Welcher Wirkung?
Ob die Menschen nur wahrnehmen, was ihren ursprünglichen Dispositionen entspricht oder ob die Massenmedien zwar nicht bestimmen was, aber worüber sie nachdenken und sprechen, wie es die „Agenda Setting Forschung“ beschreibt, die Wirkungsforschung ist vor allem dort erfolgreich, wo sie den „Rezipienten orientierten Ansatz“ durchhält. Also die Reziprozität der personalen und sozialen Merkmale aus dem Untersuchungsfeld nicht ausklammert.
So werden Meinungen über weit entfernte Ereignisse eher von den Massenmedien beeinflusst als unmittelbar erfahrene. Der familiäre und engere Bekanntenkreis hat in der Regel auch mehr Einfluss auf die eigene Meinung. Problematisch wird es, wenn es zu Phänomenen wie Noelle-Neumann`s Schweigespirale kommt – also das die eigene Meinung aus Furcht vor Isolation, weil die omnipräsenten Massenmedien eine andere „propagieren“, nicht geäußert wird und so tatsächlich an Gewicht verliert – oder eine fehlende soziale Integration von Individuen vorliegt bzw. gemeinschaftliche Werte fehlen. Dann kann es schnell zu einer Orientierung an der massenmedialen Wirklichkeit kommen, die aber meist keine Sinneinbrüche verhindert, sondern nur kurzlebige Trends aufzeigt und bewirbt.
Im Wirkungsbegriff trifft Wirklichkeit und Wirkung aufeinander und deshalb müsste ein Wirkungsbegriff auch eine Wirklichkeitslehre voraussetzen.
Massenmedien
Das eigentliche Wirkungsfeld liegt auf jeden Fall im Bereich aktueller Meinungen. Die Medien wirken als ihre Erzeuger, Träger und Filter. Dabei führen Massenmedien eine Explosion von Möglichkeiten vor, die Welt erscheint zunehmend als kontingent. Dabei bedeutet Kontingenz nicht Beliebigkeit oder Zufälligkeit, sondern, dass das was ist, auch anders möglich, denkbar und anders wählbar ist, aber letztlich so gewollt, weil so entschieden wurde. Und das gilt auch für die Ressource Zukunft. Und da der Mensch nicht nur ein „Homo contingens“ sondern auch ein „homo communicator“ ist, vermittelt sich sein Wollen und Sollen bezüglich seiner Ziele heutzutage aus den Inhalten der Medienkultur. Die berechtigte Sorge um diese Medienabhängigkeit des Menschen beschäftigt die Sozialpolitik und sie schließt mit medienethischen Erwägungen an. Da ist es dann zunehmend so, wie Roegele sagt, dass unsere Demokratie ein leistungsfähiges System zur Information, Meinungsbildung und öffentlichen Diskussion über Dinge des gemeinsamen Interesses benötigt. Zum anderen stellt sich die Frage, warum in den meisten Medienformaten so viel Effekthascherei mit Negativbeispielen getrieben wird. Papst Johannes Paul II warf darauf hin die Frage auf, ob all das Negative in diesem Spiegel, nicht irgendwann Selbstzweck werden könnte? Ob der Genuss am Bösen, Zynischen und am Untergang nicht zum realen Zynismus und Menschverachtenden werden könnte?
Nachrichten
In den Nachrichten wird gezeigt, was Journalisten für wichtige und berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten. Sicherlich ist es nur menschlich, Neues erfahren und beobachten zu wollen, um es dann in den Alltag einzuordnen. Allerdings kann ein verzerrtes Weltbild entstehen, wenn man glaubt, dass Neue sei auch besser als das Alte, nur weil dieses, da es stabil ist, nicht im Programm erwähnt wird. Es wäre deshalb Aufgabe der Massenmedien ein Bild von der Welt zu zeichnen, wie sie wirklich ist. Gleichzeitig sind Tatsachen nicht alles. Wie objektiv ein Journalist auch berichtet, nicht nur technische Aspekte vermindern die absolute Objektivität der Botschaft, sondern auch die menschlichen Gefühle des Journalisten. Daher sollte der Journalist erstens Sachkompetenz besitzen, aber auch individuelle und engagierte Selbstverpflichtungen zu einem subjektiven Journalismus. D.h. seine Subjektivität zu leben und sie als Freiheit zu verantworten, also Verantwortung und Moralität gegenüber dem Leben zu zeigen. Eine unbarmherzige Berichterstattung führt schnell zu Nachrichten mit Nulleffekt, weil die Menschen systematisch ihrer Urteilsfähigkeit beraubt werden.
Unterhaltung
Vielleicht ist es die Aufgabe der visuellen Medien sowieso eher, Geschichten zu erzählen, eine Art der Unterhaltung zu entwickeln, die den Menschen auf menschlichste Weise begegnet. Dabei müssten sie es aber schaffen, von der Einweg-Kommunikation einen Schritt zur dialogischen Kommunikation zu machen. Denn ein nur eine Richtung reden nicht Propheten, sondern Tyrannen.
Auch lässt sich konstatieren, dass säkulare Kultur nicht populär ist, weil sie säkular ist, sondern weil sie sakramental ist.
Neue Vergemeinschaftungsformen und Neue Medien
Wie könnten nun menschlichere, christliche und vernünftigere Medieninhalte aussehen? Welchen Anforderungen müssten sie sich stellen?
Es müsste der Rezipient mehr einbezogen sein in den Kommunikationsprozess. Ein regionalisiertes und auch individualisiertes Medienangebot wären wichtig. Eine größere Anzahl Ombudsmänner in Medieninstitutionen wäre wünschenswert, die Leser- / Zuschauerkontakte pflegen und Anstrengungen der Selbstkritik und Selbstprüfung unternähmen. Aber auch das miteinbeziehen der Würde des Menschen, der Würde des sog. Rezipienten, der ein Recht darauf hat, nicht nur als Material verstanden zu werden, dass um jeden Preis an die Medien gefesselt werden soll und nur so zu reagieren hat, wie man es ihm suggeriert, sondern dem man verpflichtet ist gegenüber, Ereigniswirklichkeiten transparent zu machen und die Teilhabe an der Welt zu ermöglichen, weil er verstehen kann, was passiert.
Das in der Welt Sinn herrscht ist nicht selbstverständlich. Gesellschaftlich gesehen ist Nomos ein den Weiten der Sinnlosigkeit abgerungener Bezirk der Sinnhaftigkeit. Dazu muss durch Kommunikation (immer mit anderen) über anderes Sinn sich konstituieren. Massenmedien können hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Bezüglich einer Medienkirche kann man zu einen sehen, welch unglaublich telegenes Potential die römische Liturgie mit ihren vielen Zeichen, Symbolen und Gebärden mit sich bringt. Gleichzeitig sind religiöse Botschaften und die Verkündigung sensible Gegenstände. Die Glaubwürdigkeit in der Vermittlung muss im Vordergrund stehen, es darf kein Abnutzungseffekt entstehen, nur weil der Stoff Quotenjagend in vergröbernde und simplifizierende Strukturen gezwungen wird. Dies läuft aber nicht auf einen völligen Verzicht von Massenmedien zum vermitteln religiöser Inhalte hinaus. Wo Erziehung und Umwelt in der Vergangenheit bereits verantwortlich bereitstanden, ist eine Multi Media Generation herangewachsen, die ein kompetentes Verhältnis gerade auch zum TV erkennen lässt. Für sie können auch visuelle Medien auf ihre spezifische Art und Weise Religion ins Leben hinein nehmen und dazu beitragen Dinge so zu sehen, dass sie symbolhaft werden und etwas gegenwärtig werden lassen, das nicht anwesend ist. Es können spielerische Elemente eingebracht werden, die etwas von der Freude ins Christentum zurückholen, die dem mittelalterlichen Christentum nicht fremd gewesen ist. Dies natürlich immer unter dem Vorbehalt, dass dogmatische und präzise Formen, wie der Katechismus sie vermittelt hat, so nicht übertragen werden können. Die wahre christliche Erzählkunst ist das biblische Medium.
Die Frage die zentral ist, ist die Frage nach der Humanität und Moralität. Das Rezeptionsgeschehen in der Massenkommunikation ist in seiner Wirkung technologisch bedingt, aber gleichzeitig ist es ein von Menschen verantwortetes Ereignis, dessen Freiheit, wie Horkheimer es einst ausdrückte: „als Negation der gesellschaftlichen Zweckmäßigkeit, wie sie über den Markt sich durchsetzt“ in unserer Wahl steht. Die Menschen benötigen Informationen und sie benötigen Unterhaltung und Sinn, aber nicht irgendeinen, sondern solchen, der den geistigen Bedingungen des Lebens und der humanen Verantwortungsfähigkeit entspricht.
Botschaften müssen so vermittelt werden, dass sie gleichzeitig angenommen und verstanden, wie auch kritisch reflektiert werden können. Die Pressefreiheit und die von ihnen abgeleiteten Rechte sollen keine Blankoformular für die Medienmacher sein, sondern die Bürger zum Nutznießer der Medien machen.
An konkreten Beispielen festgemacht, muss man was die Bericht- und Nachrichtenerstattung betrifft, nur einmal die öffentlich-rechtlichen Formate wie „tagesschau“ oder „heute“ mit und Spartenkanal „Phoenix“, mit den „Nachrichten“-Formaten der meisten privatrechtlichen Sender vergleichen. Schnell wird deutlich, wer näher am Prinzip Freiheit –Freiheit des philosophischen Fragens und Kommunikationsverständnis – befindet und einen verantwortlichen Journalismus pflegt.
Dass Medien durchaus die Freiheit besitzen, Kindern Verhaltensweisen wie Freundschaftlichkeit und Hilfsbereitschaft zu vermitteln, zeigt da Sendekonzept der Kinderkanals in seinem deutlichen Kontrast zum Kinderprogramm von RTLII und Co.
Und was die hochmodernen Medienwelt des virtuellen WWW anbelangt, so bieten sich hier eine Reihe von Möglichkeiten zu dialogischer Kommunikation, was von katholischer Seite auf katholisch.de auch schon ansehnlich gezeigt wird, mit bspw. offenen Foren zu lebensweltlichen Themen wie Glaube oder Trauer etc.
Eine stärkere Medienpräsenz gerade von dem einzelnen Katholik als Katholik im Netz kann sich auch am Missionsauftrag orientieren. Es entsteht hier eine neue „virtuelle Welt“, in die sich viele zurückziehen. Auch gerade weil sie kein stabiles soziales Umfeld in ihrer unmittelbaren Umgebung zur Seite haben. Wenn sie nicht erreicht, nicht angesprochen werden, sind sie am Ende schnell für diejenigen Ansprechpartner, die in ihnen nur das Material und nicht den Menschen sehen.

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