Sonntag, Dezember 31, 2006

(69) Entwicklung der Massenmedien (JMW1)

Massenmedien sind im Sinne Luhmanns Verbreitungsmedien. Immer unabhängiger von Orten und Personen löst sich die Kommunikation von der Anwesenheitspflicht des Mitteilenden. Mit dem Aufkommen des Buchdrucks wird zudem die mögliche räumliche Dimension von Kommunikation erweitert. Informationen können nicht mehr so einfach kontrolliert werden und diffundieren schneller, der Empfängerkreis wird undeutlich, eine gesellschaftliche Öffentlichkeit entsteht und ermöglicht beschleunigte Veränderungen.

Schrape verweist auf eine zunehmende Differenzierung und Spezialisierung des Medienangebots. In immer schnelleren Zeitabständen kommen immer mehr verscheidenartige Medien auf den Markt.

Merrill und Lowenstein unterteilen die Akzeptanz neuer Medienangebote in 3 Phasen.

  1. Eine bestimmte Elite (meist Personen mit überdurchschnittlicher Bildung + stärkeren finanziellen Ressourcen) übernehmen das Medium am Anfang.
  2. Die Masse fängt das Medium an zu nutzen wenn die Preise fallen => Massenmedium.
  3. Kommt ein neueres Medium in Umlauf, entwickeln sich auf dem Feld älterer Medien Spezialisierungen.

=> Reichweite eines Mediums steigt zunächst an - und nimmt mit dem aufkommen neuer Medien wieder ab. Bspw. hatte das Radio seine höchste Publikumsreichweite in den 1950ern und verlor dann gegen das Fernsehen, welches im Moment wiederum gegen das Internet zurückgeht.

=> Um nicht völlig zu verschwinden, muss eine bestimmte Spezialisierung, also eine bestimmte Ausdifferenzierung des Angebots erfolgen, um die zeitliche Aufmerksamkeit eines Publikums binden

Bolz unterscheidet zwischen Medien der Vergangenheit, die Informationen als Einheit konzipieren und zu sequentiellem Aufnehmen auffordern, und Neuen Medien, die lineare Gedanken durch Denken in Konfigurationen ersetzen. Hypermedien verändern die Wissensaufnahme und das Denken in und über die Welt zu einem Denken in und über Simulationen. In ihnen werden dekontextualisierte Informationselemente und gleichzeitig Verknüpfungs-Schemata für Rekombinationen angeboten. Dazu kommt eine multimediale Darstellungsebene.

Hier stellt sich also auch schon die Frage nach der Veränderung der Gesamtgesellschaft durch die Entwicklung der (Massen-)Medien.

Fang stellt sechs Kategorien von Informationsrevolutionen auf:

  1. Schrift (Konvergenzschrift mit Papyrus)
  2. Druckverfahren
  3. Massenmedien (Telegraph, Fotographie) Unterhaltung (Schallplatten, Fotokameras, Film)
  4. Zugang im häuslichen Bereich (Telefon, TV, Radio)
  5. Neue Medien / Information-Highway (Konvergenz von PCs, div. Übertragungs- und Visualisierungstechniken)

Assmann und Assmann verweisen auf die Veränderung des sozialen Gedächtnisses, das sich durch Überwindung der Grenzen der mündlichen Übertragung (begrenzte Speicherung) über Schriftlichkeit (gefilterte Speicherung durch Sprache in Texten) hin zu einem elektronischen Gedächtnis entwickelt, das in nonverbalen Kodes und künstlichen Sprachen ungefilterte und unbegrenzte Dokumentationsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Es kommt zur Auflösung von Wissensmonoplen, zum Entstehen von Märkten, Anstieg der Litaralität und zur Entwicklung wissenschaftlicher Disziplinen.


Literatur(hinweise):

Basistext: Jäckel, Michael: Medienwirkungen

Assmann, Aleida; Assmann, Jan: Das Gestern im Heute. Medien und soziales Gedächtnis. In: Merten, Klaus (Hrg.): Die Wirklichkeit der Medien
Bolz, Norbert: Am Ende der Gutenberg-Galaxies. Die neuen Kommunikationsverhältnisse
Fang, Irving: A History of Mass Communication
Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft
Merril, John; Lowenstein, Ralph L.: Media, Messages and Men
Schrape, Klaus: Digitales Fernsehen

Freitag, Dezember 22, 2006

(68) Blog Aktuell

Nachdem ich mit dem Buch "Die Realität der Massenmedien" von Niklas Luhmann durch bin, werde ich mich als nächstes auf ein allgemeiner gehaltenes Buch konzentrieren und zwar Medienwirkungen von Michael Jäckel:

Es wird einen allgemeinen Überblick über die Entstehung und Entwicklung von Massenmedien, wie über verschiedene theoretische Ansätze zur Wirkungsforschung und zur Entstehung von Öffentlichkeit machen. Zuletzt gibt es noch ein kurzes Feature zur Bedeutung von Medien und zur Wissenskluftforschung. Insgesamt umfasst das Buch mit Schlussbemerkung 12Kapitel.

...

...über die Festtage wird's nun zwar jetzt erst einmal wieder stiller, aber danach... "Hau ruck die Waschfrau" ;-)

(67) Kybernetik zweiter Ordnung als Paradoxie (LRM21)

">Gott ist tot<, hat man behauptet - und gemeint: der letzte Beobachter ist nicht zu identifizieren." (Niklas Luhmann, RdM S.210)

Wir unterscheiden zum einen die operative Schließung (--> ein System reproduziert eigene Strukturen und Operationen nur aus eigenen Produkten) und die kognitive Schließung (-->ein System beobachtet bei allen seinen Kognitionen mit, dass es sich nur um seine eigenen Kognitionen handelt).

Mit der kognitiven Schließung wird die Frage nach dem Beobachter aktuell und wer sein Beobachten beobachtet kann eigenes Handeln und Erleben begründen, wenn er auf die der Beobachtung vorausgehende Unterscheidung stößt.

Luhmann stellt fest, dass das System der Massenmedien n i c h t auf der kognitiv geschlossenen Ebene operiert. Die Fremdreferenz der Massenmedien bezieht sich auf die Berichterstattung von Ereignissen und Meinungen. Das führt aber nur zu der Frage welcher "andere" Beobachter dies beobachtet. Die Selbstreferenz der Massenmedien dagegen thematisiert systemimmanente Strukuren und Operationen. Allerdings in der Art wie Objekte beobachtet werden und nicht wie hier wie beobachtet wird.

Als Soziologen (und auch sonst kann man dies tun) stellen wir aber diese Frage nach der Kontingenz jeder Beobachtung 1. Ordnung und damit kommen wir zur Paradoxie der kybernetischen Beobachtung 2. Ordnung, denn wir fragen dem, was für den Beobachter selbst unsichtbar bleibt. Dieser Widerspruch bewahrt die Theorie davor dogmatisch zu werden und veranlasst sie zur rekursiven Selbstbeschäftigung, gerade auch in Bezug auf die Frage, wie sie die eigene, selbstbezügliche Blindheit auszuhalten gedenkt.

Die Systemtheorie entfaltet diese Paradoxie als Zeitform, als Arrangement, welches nach Neubeschreibungen sucht, gleichzeitig aber mitdenken muss, dass der Letztbeobachter (die letzte Unterscheidung) immer unsichtbar bleiben wird und insofern Unterscheidungen keine ontologischen Sachverhalten an den Tag legen werden, sondern nur im Moment für den Moment zu überzeugen vermögen (oder auch nicht).

Wenn die Soziologie nun die Massenmedien beobachtet, so ist dreht es sich dabei um die Frage:

"Wie ist es möglich, Informationen über die Welt und über die Gesellschaft als Informationen über die Realität zu akzeptieren, wenn man weiß, wie sie produziert werden?" (Niklas Luhmann, RdM S.215)

Mittwoch, Dezember 06, 2006

(66) Schemabildung (LRM20)

"Vergessen macht frei." (Niklas Luhmann, RdM S. 193)

Ein System, dass Operation an Operation anschließt muss bei diesem anschließen ständig mitbedenken, was in den vorausgegangen Operationszusammenhängen an Wissen produziert worden ist und wie dieses Wissen als Struktur auf weitere Operationen wirkt. Dieses erinnerte Wissen kann man mit dem Begriff des Gedächtnis beschreiben.

Aber das triffe den Begriff des Gedächtnisses nur zu Hälfte. Das dieses kummulierte Wissen schnelle eine solche Fülle annehmen würde, dass es zu einer Totalblockade allen operierens kommen würde wollte man sich jedesmal an alles erinnern und es in vergleichende Beziehung setzen, so liegt die mindestens genauso wichtige zweite Funktion des Gedächtnisses im Vergessen.

Damit Erinnern und Vergessen nicht beliebig abläuft, werden Schemata gebildet. Diese erinnern das System selektiv daran, wie es durch eine bestimmte Vergangenheit in seinen gegenwärtigen Zustand gelangt ist und ermöglichen dem System gerade die Auswahl von Möglichkeiten bezüglich frei wählbaren Verhaltens. Denn nur wenn es überhaupt eine irgendwie vorstrukturierte Beschränkungen gibt, kann selbstgesteuerte Flexibilität möglich sein - sonst käme es nur zu einem "irgendwohin getrieben werden".

Schemata sind n i c h t die letztlich vollzogenen Operationen sondern liefern lediglich Regeln für deren Vollziehen, wobei gerade an den etablierten Schemata entlang dann Abweichung auffällt und angebracht ist. Schemata verändern sich im autopoietisch rekursiven Prozess.

Ein Sonderfall des Schema ist das Skript. Hier werden bestimmte Abläufe in Bezug auf zu beobachtende Kausalabläufe festgehalten (bspw. Einpacken von Waren in den Einkaufswagen --> Zahlen an der Kasse --> erst jetzt: verlassen des Supermarktes). Das Skript rechnet bestimmte Wirkungen auf bestimmte Handlungen zu, d.h. Sach- und Zeitschema werden eng aneinander gekoppelt.

Die strukturelle Kopplung zwischen massenmedialer Kommunikation und psychischen Systemen läuft vermutlich auf der Basis des zirkulären Gebrauchs solcher Schemata. Massenmediale Verständlichkeit und das Verstehen von Massenmedien erzeugt sich gegenseitig. Erst der massenmediale Konsum schafft Schemata in der Psyche, an die sich die Massenmedien dann wieder in ihrer Anwendung beziehen.

Hier geht es nicht um Manipulationsunterstellungen, denn die operative Geschlossenheit psychischer Systeme ermöglicht zwar einen structural drift und die Beschleunigung von Strukturänderungen, da sie zwar das Gedächtnis des Individuums strukturieren, sein Handeln aber nicht festlegen können. Zustimmung und Abweichung können bei hoher Themenfluktuation erreicht werden. Es ist sogar zu erwarten, dass die abweichende Identitätsinszenierung von Individuen zunimmt. Die Selbstschematisierung wird durch die Auseinandersetzung mit virtuellen Angeboten (wozu auch Theater oder Bilder bzw. bildliche Texte (Romane) zählen) angekurbelt, da das Individuum sich als sowohl ausgeschlossen - im Sinne "das bin nicht ICH der da agiert - und gleichzeitig eingeschlossen - im Sinne von "es handelt sich um Individuum wie mich, die dort agieren - wahrnimmt. Ohne Zeitverlust muss zwischen diesen beiden Seiten oszilliert und somit die eigene Identität sowohl aufgelöst, als auch rekombiniert werden.

Freitag, Dezember 01, 2006

(65) Öffentlichkeit (LRM19)

Öffentlichkeit
= Reflexion jeder gesellschaftsinternen Systemgrenze
= gesellschaftsinterne Umwelt der gesellschaftlichen Teilsysteme
= allgemeines gesellschaftliches Refelxionsmedium, dass die Unüberschreitbarkeit von Grenzen und das Beobachten von Beobachtungen registriert

Eine System kann zwar nicht außerhalb seiner Grenze operieren, kann aber reflektieren, dass es ein außerhalb seiner Grenze gibt (wozu sonst die Grenze?) und dass es von dort aus beobachtet werden kann. Ein System ist beobachtbar im Medium der Öffentlichkeit (dass schließt ein, nicht zu wissen wer dies genau ist).

Massenmedien repräsentieren Öffentlichkeit. Es handelt sich um eine konstruierte Öffentlichkeit. Es ist immer etwas intransparentes von der anderen Seite der jeweiligen Systemgrenze, des Systems, dass auf die Beobachtung der Öffentlichkeit abstellt und dort etwas transparent gemachtes vorfindet. Intransparent bleibt auch "wer wie darauf reagiert" was er als Öffentlichkeit beobachtet.

Bezüglich des dritten Punktes der Def. von Öffentlichkeit (s.o.) macht es auch Sinn, dass das System der Massenmedien eine gewisse Einschränkung in Bezug auf Ethik und Journalismus als Selbstkonrollinstanz einführt. In relativer Autonomie ist findet so eine Grenzziehung zu Heuchelei und/oder Geheimhaltung statt und garantiert so das unabhängige Beobachten von Beobachtern.


Donnerstag, November 30, 2006

(64) Die Funktion der Massenmedien (LRM18)

Die Gesellschaft beobachtet sich, wie jedes autopoietische soziale System selbst, indem sie die Kommunikation, welche in ihr stattfindet und sie gleichzeitig konstituiert, im Verstehen nach Mitteilung und Information ( }-zusammengenommen, aber jeweils für sich beobachtet ergibt das die Differenz zum reinen Verhalten) unterscheidet.

Die Massenmedien dirigieren die universale Selbstbeobachtung der Gesellschaft, wobei sie die Welt in System (hier: = Gesellschaft) und Umwelt spalten. Für die Autopoiesis des Systems stellen sie das Gedächtnis dar, dass selektiert welche Irritationen für das Publikum erzeugt und bearbeitet werden. Diese Irritationen werden in Form von Informationen vermittelt. Sie sind zeitpunktgebundene Orientierungspunkte auf die sich die moderne Geselleschaft bezüglich ihrer Selbst- und Weltbeschreibung bezieht.

Die Massenmedien sind mit der Erwartung - die auch gleichzeitig ihre Funktion spezifiziert - konfrontiert, diese Irritationen / Informationen regelmäßig, ja geradezu ununterbrochen zur Verfügung zu stellen. Die Gesellschaft hat sich so ein Mittel geschiffen stabil für Unruhe zu sorgen, was den Kommunikationsvorgang der Gesellschaft aktiv hält und eine zu "stake Bindung an etablierte Strukturen" verhindert.

In einer funtkional ausdifferenzierten Gesellschaft, mit ausdifferenzierten Kommunikation die auf universalgesellschaftlichen Gültigkeitsanspruch verzichten müssen, ist es die Funktion der Massenmedien einen gesamtgesellschaftlich relevanten Informationspool zur Gegenwart der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, an dem die Teilsysteme ihr Gedächtnis und ihre Zukunftserwartungen ab-/vergleichen können.

Über die Massenmedien läuft die Identitätsbildung der Gesellschaft. Sie saugen Kommunikation an und provozieren Anschlußkommunikationen, die sie wiederum aufsaugen. So werden die Eigenwerte der modernen Gesellschaft entwickelt.

Dabei handelt es sich nicht um einen Konsens oder irgendwelche gemeinsamen Wertüberzeugungen, sondern um Objekte die als gegeben vorausgesetzt werden können und die zum Differenzen bilden freigegeben sind. Die Massenmedien erzeugen keine Werte oder Wahrheiten, sie erzeugen Bekanntsein. Dies muss so schnell und weiträumig geschehen, dass es tatsächlich bald "in aller Munde" ist.

Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Theorie des Gedächtnisses der Gesellschaft. Für die Selbstbeobachtung eines Systems - also für seinen re-entry - benötigt dieses Systeme eine zeitliche Doppelorientierung. Es muss zum einen über eine Aktualisierung von Inaktuellem als Inaktuellen (= Gedächtnissfunktion) verfügen, als auch eine offenen Zukunft besitzen, in der zwischen System und Umwelt noch unterschieden werden kann. Die Vergangenheit bringt bringt Redundanzen mit sich, die Zukunft lässt im Oszillieren zwischen System und Umwelt Platz für Varietät. Beides muss gewährleistet werden um nicht zu erstarren oder einen "Wärmetod" zu erleiden.

Die Massenmedien erledigen zweierlei:

1.) Als Gedächtnis kümmern sie sich darum, dass einiges erinnert und das meiste vergessen wird (Sie vollziehen Selektionsakte). Über Rekursionsakte wird im System dabei der Widerstand von allzugroßen neuen Sinnzumutungen organisiert und im Wechsel von Operation gegen Operation erzeugt das System seine Realität.

2.) Sie organisieren gesellschaftsweite Kommunikationsthemen mit Beiträgen, auf die zustimmend oder ablehnend reagiert werden kann. Dabei ist eine schneller temporaler Wechsel möglich, also die Hinwendung zu neuen bzw. die Reaktualisierung zurückliegender Themen.

Dienstag, August 22, 2006

(63) Die Realität der Konstruktion (LRM17)

Realitätsindikator "Widerstand" (erster Untertitel des Blogs... year!)

Ein jedes System konstruiert seine Realitätsindikatoren, etwa Konsistenzprobleme, auf Basis der eigenen Operationen. Bei Kommunikation, die im Medium Sprache operiert, ist es die Sprache selbst die zum Widerstand gegen Sprache wird. Sprache erzeugt also ihre eigenen Realitätsindikatoren.

=> Je voraussetzungsvoller die operative Schließung eines Systems,
=> desto anspruchsvoller u. spezifischer seine Realitätstests.

Um systeminternen Widerstand zu erzeugen, behandelt das System der Massenmedien deshalb Meinungen über Ereignisse auch als Ereignisse.
Möglich ist auch der Weg über empirische Sozialforschung, aber nur, wenn ihre Ergebnisse von den Massenmedien auch gewürdigt werden.

Realität wird nur das, was anstelle der selbsterzeugten Inkonsistenzen als Realität konstruiert wird. Was aber reale u. was imaginierte Realität ist, kann nur durch erneute real-imaginierte Realität beobachtet werden.

Die Beobachtung 2. Ordnung unterstellt dem von ihr Beobachter das er existiert. Ein anderer Beobachter kann also ausgewählt, aber nicht erfunden werden. Dabei kommt die Unterscheidung Selbstreferenz / Fremdreferenz zum tragen, dies sich des reentry in eine vorausgegangene Unterscheidung verdankt. Deren blinder Fleck führt dazu, systeminternes und systemexternes zu differenzieren, will man die Unterscheidung weiter gebrauchen und sich nicht von der inhärenten Paradoxie lähmen lassen.

Der Unterschied zum Subjektivismus liegt darin, dass man es nicht mit vielen Beobachtern einer äußeren Realität - einem/dem Objekt - zu tun hat, sondern mit vielen Beobachtern die selbsterzeugte Objekte beobachten und dabei nicht beobachten, was sie nicht beobachten.
Anhand des Systemgedächtnisses finden dabei Konsistenzprüfungen der Kommunikation selbst statt und es gibt in der Kommunikation entsprechende Möglichkeiten auf Inkonsistenzen entsprechend zu reagieren.

Die Schwachstelle der Kommunikation: die Theorie. Diese ermöglicht es, dass Konsistenzprüfungen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Die Massenmedien erzeugen schließlich eine Realität die für alle zugänglich, aber nicht konsenspflichtig ist.

Das die Rekursivität der Erkenntnis auf eigene Operationen angewandt zu problematischen, weil negativen Konsistenzprüfungen führt, gleichzeitig um den auch diesmal mitlaufenden blinden Fleck gewusst wird und um die Funktion der Selbstbestätigung jeder Kognition, führt Erkenntnis nicht zu einer Realitätswertbestätigung, sondern letztlich zu Selbstbezichtigung und somit zur Irritation der eigenen Autopoiesis.

Mit der Selbstbezichtigung ist aber auch end der Mechanismus der Selbstberichtigung verknüpft, und so führt der ausgeweitete Motivverdacht zu einer Selbstpsychatrisierung der Kommunikation.
Die Massenmedien bieten als Ersatz dafür an, die nicht konsenspflichtige, individuell verfügbare Welt mit anderen Arten der Realität zu vergleichen. Auf zwei Ebenen kann nun zugestimmt oder abgelehnt werden - nur nicht mehr zu einer Realität an sich, sondern nur noch zu einer für sich.


Sonntag, August 13, 2006

(62) Blog Aktuell

Aufgrund hoher Gleichzeitigkeit von System "Daniels Leben" und seiner Umwelt "alles andere, nur nicht Daniels Leben" rast die Welt für mich im Moment. ...Ich will das mit meinem ersten VIDEO ON BLOG schnell visualisieren:




Ich werde zwar die Tage auch hier die Zusammenfassung des nächsten Kapitels veröffentlichen (PROGNOSE!), aber ich möchte trotzdem auf eine andere Baustelle von mir hinweisen, die für mich im Moment die Passage, der Glassarg ist, wo ich meinen Espresso zu trinken pflege:

Systemtheorie I



JOIN THIS!!! NO MEMBERSHIP!!! ALL FREE!!! ;-)


in this way... go on!


p.s.: und für alle die nicht genug bekommen von hochmoderner TELEMEDIAVISION, die sollten jetzt nach London ziehen (oder wenn jemand vielleicht findet ja jemand die Internet-TV-Adresse dieses Kanals. Dann bitte umgehenden KOMMENTIEREN!). Denn dort gibt es jetzt die neuste Real-Live-Show. Wahrscheinlich ist es meist so spannend wie das Tourismusangebot "Boring Weekends in Gratham" (dem Geburtsort Maggy Thatchers), aber auf der anderen Seite auch ein interessantes Angebot des digitalisierten und beeinflussbaren "Welt"-Zugangsangebot. Auch ausbaufähig, finde ich...

Digital Bridge

Freitag, Juli 28, 2006

(61) Die Konstruktion der Realität II (LRM16)

Unterhaltungsformate sind mit einer zweiseitigen Form beschreibbar. Auf der einen Seite die "sog. 1. Realität", auf der anderen Seite die "fiktionale Realität". Der Rezipient kreuzt nun diese beiden Seiten unentwegt und vermengt seine auf beiden Seiten der Form abwechselnd gesammelten Erfahrungen.

Die Irritationen die über die Massenmedien dabei an den Rezipienten herangetragen werden, stehen gleichzeitig massenhaft überall zur Verfügung. Es entstehen an vielen Orten gleichzeitig Anschlussmöglichkeiten für Kommunikation. [Es entsteht ein GLokale Kultur. Anm. D.K.]. Den unterschiedlichen Bedürfnissen Einzelner muss dann über Programmdiversifkation Rechnung getragen werden. Das ist schon deshalb nötig, um die nötige Redundanz für den konkreten Anschluss der Rezipienten zu gewährleisten.
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Durch die Irritationen, die beim sammeln und präsentieren von Informationen entstehen, bildet sich ein gesellschaftsweiter Horizont "selbsterzeugter Ungewissheit" aus, der ständiger neuer Irritation mit Informationen bedarf. Dieser Horizont bestimmt die funktionale Aufgabe, welche Massenmedien für die Gesellschaft übernehmen. "Sie steigern die Komplexität von Sinnzusammenhängen, in denen die Gesellschaft sich der Irritation durch selbstreproduzierte Differenzen aussetzt." (S.150)
Die Massemedien bilden Meinungen und Gegenmeinungen, Erwartungen, Illusionen und Desillusionen zu den gängigen Kommunikationen der Gesellschaft und schließen an ihre eigenen Kommunikationen (inkl. den Beiträgen zu ihren Beiträgen) wieder an.
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Auf der Zeitebene hat das dann wohl vor allem desillusionierende Wirkung, denn schnell wird deutlich, dass alles was gegenwärtig ist, das Nachher zu einem Vorher ist und das Vorher zu einem folgen könnenden Nachher. Man weiß nichts mehr schlussletzendlich. Man weiß nur: Dies ist der aktuelle Stand der Dinge - und man tut gut daran, den nicht für das Ende aller Dinge zu halten. Dennoch liegt der Punkt für notwendige Entscheidungen natürlich in der Gegenwart.
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Mit dem Gebrauch der Massenmedien steigt die gesellschaftsweite Beobachtung 2. Ordnung an. In den Massenmedien wird nur in Bezug auf die Unterscheidung "Was" wird "Wie" beobachtet beobachtet. Die Unterscheidung für voraussetzungsvollere Kommunikation, die Unterscheidung zwischen "Information" und "Mitteilung" wird weit verbreitet zum "Verstehen" offeriert.
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Wenn die massenmediale Beobachtung zweiter Ordnung reflektiert wird, werden Kulturanalysen produziert. Denn Kultur, so Luhmann, "ist ein Produkt und zugleich das Alibi der Massenmedien". Weiterführend zu "Kultur" vgl. die Kommentare zu Post 56.
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Massenmedien versorgen die angekoppelten psychischen Systeme - ihre Rezipienten - mit Beispielen für Freiheiten, für Alternativen, die in dieser Gesellschaft zu finden sind. Sie zeigen dabei, unendlich mehr Freiheiten als einem selbst zur Verfügung stehen. Dass führt zu einem disbalancierten Verhältnis der allgemeinen Wahrnehmung von Freiheitsspielräumen auf allen Ebenen und erzeugt dementsprechend in dieser Hinsicht enorme Unsicherheiten.

Mittwoch, Juli 26, 2006

(60) Die Konstruktion der Realität I (LRM15)

Der radikale Konstruktivismus als Erkenntnisprogramm systemtheoretischer Forschung führt die Beobachtung der Wirklichkeit weg von theologischen und posttheologischen Theorien, die einen objektiven oder zumindest subjektiven Gegenstand außerhalb der Forschung annahmen, auf den sich selbige beziehen müsse und verweist statt dessen, als Ausgangspunkt von Berechnungen der Beobachtung von Realität auf eine systeminterne Konstruktion: das Systemgedächtnis.

Wenn es jetzt aber keine (zumindest irgendwie bestimmbares) seiendes Wahres gibt, dass das Wirkliche ist (vgl."Post 4"), woher kommt dann die sozialverbindliche Weltkenntnis der modernen Gesellschaft? Auf jeden Fall eher aus den Massenmedien, als aus der Wissenschaft.



Aber welche Realität erzeugen die Massenmedien? Welche Selektionen finden statt, wenn Weltbilder produziert werden? Wie werden im Medium der Kausalität, Ursache-Wirkungs-Verhältnisse geformt, die dann als Ausschnitte aus einer überkomplexen Welt, als Kausalschemata gelten?

Massenmedien stellen ihre Berichte gerne in einen, anscheinend nicht mehr weiter aufschlüsselbaren Faktenbezug. Da dieser aber oft genug verkürzt und verknappt und offensichtlich (min.) einen blinden Fleck mitführt, werden auch Emotionen, Appelle und Proteste erzeugt. Mit Michel Houellebecq könnte man sagen, letztlich läuft es darauf hinaus, dass wenn einem nichts mehr einfällt, man immer noch mit den Menschenrechten kommen kann.

Der ständige Bezug von Kommunikation auf Sinnzusammenhänge, führt dazu, dass Kommunikation den Sinn den sie mitführt, letztlich nie völlig entscheidend auf entweder konkrete Information oder, auf der anderen Seite, auf die mitgeführte Mitteilungsabsicht aufteilen kann. Und zwar weil wenn die aktuelle Kommunikation vorangegangene Kommunikation reflektiert, sie erstens eine vergangene Operation beobachtet und das heißt gegenwärtig eine Vergangenheitsvorstellung erzeugt, und zweitens im gleichen Dilemma festsitzt wie die beobachtete Kommunikation. Auch hier ist wieder nur unscharf klar was Information und was Mitteilungsabsicht ist. Was also Manipulation ist und was nicht, kann letztlich nicht eindeutig entschieden werden.

[Es läuft also wieder einmal darauf hinaus, dass Unsicheres mit Unsicherem kompensiert wird und dass kann eigentlich nur zu Verunsicherung führen. Wir haben hier eine Theorie, die versucht mit Unsicherheit zu arbeiten und nicht, die Geschichte der Unsicherheit in eine Form der Sicherheit zu verwandeln - allerhöchstens vielleicht in einem Medium der Unsicherheit (locker gekoppelt, dauerhaft stabil) Formen der Sicherheit (feste gekoppelt, permanent instabil) zu generieren, was aber lediglich das Medium der Unsicherheit reproduziert. Anm. D.K.]

Im Bereich der Nachrichten werden Probleme die Lösungen erfordern, die zu Problemen führen die Lösungen erfordern usw. mittels Brüchen auf der Zeit- und Sozialachse der Selbstbeobachtung der Gesellschaft erzeugt, wobei vorzugsweise Konflikte und Diskontinuitäten ins Blickfeld geraten. So kommt einem die Ges. furchtbar unruhig vor - solange man sich informiert - und sobald man in der sog. 1.Realität ist stellt man dann fest, dass doch vieles für die Alltagswahrnehmung sehr dauerhaft und wiederkehrend ist.

Wir schauen aber weiter in die Zeitung oder "in die Röhre" und stellen fest, dass zwischen aktuellem und potentiellem Zustand unterschieden wird. Über moralisierende Kommunikation, wird der Unruhefaktor noch verdoppelt. Es ist so wie es ist - aber es müsste anders sein.

Unterhaltung und Werbung sind ebenfalls doppelt beunruhigend. Zunächst wird in der Werbung über Neuigkeiten informiert, um dann im zweiten Schritt ein Gefühl zu erzeugen, bei dem der eigene Status quo des Zuschauers in ein Vergleichsverhältnis mit unendlich vielen anderen Möglichkeiten gestellt wird, wobei recht schnell der Eindruck entstehen muss, dass meiste "Schöne und Gute" / " Sex" findet woanders statt (allerdings gilt das für die andere Hälfte: "& Crime" auch).


(59) Blog Aktuell

on the road ... again...

während andere Bewusstsein und Organismus in der Sonne brutzeln lassen und in Zeitschriften Artikel über Hautkrebs lesen, ziehe ich mich in meine Kosmokogninautenkapsel zurück und lass mich (wieder) von der kühlen (System)Theorie erfrischen... zum schwitzen kommt nur die Technik - die Beobachtung treibt auf der Luftmatratze im Swimmingpool der Kommunikation... und der ist ein Weltmeer.

in this way... go on.....


Dienstag, Juli 11, 2006

(58) Blog Aktuell

Pause! Sendepause!

Ich schreibe in zwei Wochen eine Diplomklausur (wenn auch nur eine "kleine") und werde mich bis dahin in Medien & ihre Funktionen - Blog- Abstinenz üben. Danach geht es weiter mit Luhmanns Realität der Massenmedien und zwar mit den zwei vielversprechenden Kapiteln "Die Realität der Konstruktion" und "Die Konstruktion der Realität". Da brodelt es doch in den angekoppelten psychischen Systemen .... oder ?! ;-)

Bis dahin läuft das Testbild ......

In this way, go on..................


Freitag, Juli 07, 2006

(57) Individuen (LRM14)

Weiterhin stellt sich die Frage, nach der Einheit verschiedener Programmbereiche in (nur) einem System der Massenmedium.

Neben dem gemeinsamen Gebrauch der gleichen Codierung (Information/Nicht-Information), sowie der gleichen Technologie, wird nun noch die Verfügbarmachung individueller Motivlagen für Kommunikation angeführt. Das heißt: In der kommunikative Darstellung wird eine bestimmte Form der Zurechnung von Ereignissen auf bestimmte Individuen(gruppen) vorgenommen. Mit Ereignissen sind Handlungen gemeint, die über Motive kausal Individuen zugeschrieben werden.



Die Massenmedien konstruieren dazu, in Abgrenzung zum passiven Zuschauer, einen aktiven prominenten Medienpersönlichkeitstyp, der als handlungsfähig behandelt wird. Nur wer in der Medien vorkommt, also mediale Aufmerksamkeit erlangt, wird als Handelnder wahrgenommen. Oder sie suggeriert dem passiven Zuschauer Handlungsfähigkeit, wenn er sich aufmacht und so handelt, wie es die Werbung empfiehlt. Der Konsument kann dann glauben, dass er als Homo-Oeconomicus rationale Marktentscheidungen trifft, solange er ausblendet, dass seiner vollständigen Informiertheit kontingente Informationsselektionen vorausgegangen sind.

Noch einmal ganz anders die Unterhaltung. Im "Medium der narrativen Fiktionalität" werden Personen mit selbsterzeugten Biographien geschaffen. Dem Zuschauer bleibt dabei die freie Wahl, sich mit den Situationen und den Ereignissen der Geschichte zu identifizieren, Rückschlüsse auf sein eigenes Leben zu ziehen - oder nicht.

Paradox wird diese Form dadurch, dass das Individuum gleichzeitig individualisiert + entindividualisiert, uniformiert + fiktionalisiert wird. Der Komplexität der individuellen Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft wird innerhalb der Gesellschaft (-> also aller Kommunikation) rechnung getragen, indem bestimmte Standards geschaffen werden, auf die die Kommunikation zugreifen kann, ohne alle individuell-spezifischen Operationen und all die permanenten Abweichung berücksichtigen zu müssen, welche die einzelnen Individuen miteinbringen. Auf der anderen Seite ist es den Individuen möglich, sie an Standards zu orientieren und genau daran Anpassungen und Abweichungen zu produzieren - totale Ablehnung eingeschlossen.

Der Mythos Mensch der auf der Innenseite der Massenmedien konstruiert wird, ist der selbstreferentielle Durchgriff auf eine auf der fremdreferentiellen Seite verortete Erscheinung, die man unter systemtheoretischen Gesichtspunkten mit der co-evolutionäre zur Gesellschaft entstandenen Erscheinung "psychische Systeme" beschreibt.

Wir wissen natürlich nicht durch die Massenmedien was der Mensch wirklich ist, was er wirklich will etc., aber es ist ein erfolgreiches Konzept, dass die Massenmedien immer wieder wissen, was sie für den Menschen halten und was dieser von ihnen will/wollen könnte.


Montag, Juli 03, 2006

(56) Einheit und strukturelle Kopplung (LRM13)

Es sind 3 Programmbereiche vorgestellt worden ( "Nachrichten", "Werbung" und "Unterhaltung I" "/II" ), die zwar unabhängig voneinander im System der Massenmedien bestehen, jedoch nicht ganz ohne gegenseitige Einflussnahme aufeinander, nebeneinander existieren. Zusätzlich benutzen alle drei auch noch dieselben technischen Medien. Darum sind bestimmte Signale/Redundanzen erforderlich, die deutlich machen, um welchen Programmbereich es sich gerade handelt. So verwischen schon mal die Grenzen von Information und "guter" Unterhaltung oder Werbung wird etwas zu deutlich als Verbraucherinformation dargestellt.
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Wieso handelt es sich nun, obwohl es (mindestens; Anm. DK) drei Programmbereiche umfasst, um nur ein System der Massenmedien?

Die Antwort liegt in der speziellen Art der weiterführenden Kommunikation in anderen Systemen, die die Kommunikation der massenmedialen Kommunikation als Voraussetzung nehmen, aber von dieser so nicht explizit mitkommuniziert werden. Vor der Hintergrundrealität der Massenmedien lassen sich verstärkt abweichende und individuelle Einstellungen leichter entwickeln und kommunizieren, wobei das was in dem Massenmedien mitgeteilt wurde als soziales Gedächtnis vorausgesetzt wird.

Diese Gedächtnisfunktion, dass man massemedial Veröffentlichtes nicht mehr extra begründen muss, sondern voraussetzt, dass sich jeder daran erinnert, bildet als zweite Realitätsebene eine an der sich die so genannte erste Realität immer orientiert, die sie aber nicht als konsenspflichtig ansehen muss.
 
Die unterschiedlichen Programmbereiche bewirken dieses Gedächtnis gemeinsam und stellen gemeinsam einen Pool von Informationen bereit, aus dem sich dann im Alltag die Alltagskommunikation bedienen kann, um die Verstehenskomponente erfolgreich wahrscheinlicher zu machen. Insofern sind Massenmedien am ehesten mit der Unterscheidung von Medium und Form zu beschreiben, was den Erklärungsansatz, sie als System der MassenMEDIEN zu beschreiben, noch einmal verstärkt ("Soziale Differenzierung; Post 26.6.06 und spätere"). Und gerade dazu, welche Form(en) die Massenmedien annehmen, dazu leisten auch alle Programmbereiche parallel laufend ihre Beiträge.

Dass dennoch die Binnendifferenzierung der verschiedenen Programmbereiche beobachtet werden kann, ist mit den unterschiedlichen strukturellen Kopplungen, welche die Massenmedien mit den unterschiedlichen Programmbereichen zu ihrer Umwelt unterhalten, begründet.

Die Werbung koppelt die Wirtschaft an die Massenmedien, die Unterhaltung die Kunst/Kultur, die Nachrichten die Politik (und die Wissenschaft; Anm. DK) an das System der Massenmedien.

Die Zuschauer beobachten durch die Massenmedien aber die jeweiligen Systeme nicht direkt, sondern üben sich im beobachten von Beobachtern. Der Erfolg von "bildblog.de" basiert z.B. darauf, dass ein massenmediales Format (hier "BILD" ) daraufhin beobachtet wird, wie es den Konflikt zwischen der eigenen Realität und der Realität die es beobachtet, auf seine eigentümliche Art mit eigenen Realitätskonstruktionen bewältigt. Besonders lustig ist in Endlosschleife dann, wie es sich immer wieder selbst diskreditieren muss, um zwar weiterhin die interessanten Themen behandeln zu können, aber nicht durch wenig hilfreiche Altlasten, bei einmal zu schnell abgegebenen Kommentaren, auf eine nicht mehr zu haltende Schiene festgenagelt zu sein.
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... was nicht ausschließt, dass bei wenigen zur Verfügung stehenden Informationen schwerer eigene Meinungen behauptet und entwickelt werden können, als bei entsprechend höherem Informationsgrad.


Dienstag, Juni 27, 2006

(55) Schaulust und Informationsbedürfnis

Ich schiebe an dieser Stelle eine Zusammenfassung des Textes von Peter M. Spangenberger ein, der in "Verleugnen, Vertuschen, Verdrehen - Leben in der Lügengesellschaft", erschienen ist.
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Ausgegangen wird vom Visual-Culture Paradigma. Dies bedeutet, dass die Alltagswelt der modernen Ges. immer mehr über die zugenommene Visualisierungen bestimmt wird und auch soziale Selbsterfahrung überwiegend in Auseinadersetzung mit visuellen Medieninhalten stattfindet.

Götz Großklaus wird mit dem - mich an Paul Virillio erinnernden - Satz zitiert, dass es eine "(fast) lückenlose bildliche Verzeichnung der Welt" (S.145) gibt. Daraus folgt, wie sonst, die sozial verbindliche Medienwelt.

Wir befinden uns umgeben von einer "Gesellschaftsform, deren sozialrelevante Selbst- und Fremdkontakte im wesentlichen durch eine kontinuierliche und weitgehend gesteuerte Produktion von visuellen Kompakt-Kommunikationen bestimmt werden" (146). Was wir über die Gesellschaft wissen, wissen wir, so Luhmann, aus den Massenmedien. Aber auch alles was wir der Umwelt der Gesellschaft zurechen, wissen wir aus den Massenmedien. Und wenn wir über eins von beidem, Gesellschaft oder Umwelt, in der Gesellschaft nachdenken, tun wir das meist in und über Massenmedien - und die sind nun mal hochgradig visualisiert. Vergleiche u.a.:"Post 18" u. .:"Post 38".

An Visualisierungen, sowohl bei Fotographie als auch beim Film, sind zwei sehr verschiedene Erwartungen verknüpft gewesen:


Ästhetische künstlerische Bilderstellung auf der einen Seite, technisch realistische Weltbeobachtung auf der anderen Seite. Dabei wird dem Bilderrealismus aufgrund seiner Standardisierung oft eine objektive, weil immer wieder gleich reproduzierbare Weltsicht unterstellt, die den technisch-maschinellen(-digitalen) Augapfel mit einem unabhängigen Beobachter verwechselt. Immerhin sind visuelle Termini zur Normalform der Weltbeschreibung schlechthin geworden (das ist 1. kontingent, weil wir die Welt auch in religiösen oder emotionalen Ausdrücken etc. beobachten und kartographieren könnten und 2. führt das dazu, dass wir Differenzen und Gemeinsamkeiten primär über optische Gegebenheiten indizieren).

Neue Informationen müssen sich in der öffentlichen Kommunikation verhältnismäßig problemlos in die im Großen und Ganzen redundant prozessierte, visuell erwarteten Bildtypen einfügen (N. Luhmann). Die an die öffentliche Kommunikation angeschlossenen Bewusstseinssysteme haben über lange Zeit Sehgewohnheiten entwickelt, die alles andere als unser natürlicher, objektiver Sehsinn sind (Ch. Bork).

Überraschende Bilder, so G. Frank, müssen, um schnell verstanden zu werden, sowohl einer bekannten Struktur folgen als auch gleichzeitig ein ausbalanciertes Überraschungsmoment mitführen, um kognitive Beachtung zu finden.

Ein reentry (vergleiche "Post 45".) der Gesellschaft in die Gesellschaft vollzieht sich, wenn mit einer operationalen Sichtweise beobachtet wird, so dass die Komplexität diverser Sachlagen in visuellen Kommunikationsprozessen immer wieder auf unterschiedliche Arten in die Kommunikation eingeführt wird (bspw. wird die Kommunikation über die Wahrnehmung von Unstimmigkeiten in der Umwelt (Reaktorunfall) aus unterschiedlichen Themenblickwinkeln weiterverarbeitet, etwa in Sendungen über technische Mängel, Talkshows mit politischen Beiträgen und in Berichten über menschliche Folgeprobleme - dabei ist es nur normal, dass in allen ganz unterschiedliche Kommunikationsresultate erzielt werden, die aber in anderen, auch sachfremden Kontexten, wieder auftauchen können).

Medienbilder (B. Latour) werden zu Quasi-Objekten, die - weil sie über eine auf Raum und Zeit verweisende Komponente verfügen - durch ihren hybriden Status von Referenzfunktion und symbolischer Kommunikation eine visuell codierte Bedeungsdichte inszenieren, welche Verweisungsüberschüsse en masse generieren kann.

Montag, Juni 26, 2006

(54) UNTERHALTUNG II (LRM12)


Strizz, als einer der bekanntesten zeitgenössischen deutschsprachigen Comicstrips, zieht seinen Unterhaltungswert gerade daraus, dass sein Hauptprotagonist in Situationen, die seine Leser durchaus mit selbst erlebten Erfahrungen vergleichen können (Redundanz), sein Entropiepotential immer auszunutzen weiß, und in als affektneutral definierten Situationen, so affektiv handeln kann, wie man es sich selbst nur selten erlauben kann.
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Gerade beim Comicstrip sieht man sehr gut, wie Informationen zu einem Zeitpunkt der Geschichte selektiert werden (in einem früheren Bild) um dann sogleich Anschlussmöglichkeiten en masse zu vernichten (das meiste kann jetzt nicht mehr passieren), aber gleichzeitig Anschlüsse für den Witz (in einem späteren Bild) vorbereitet.
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Fremdreferenz auf die reale Realität wird dabei immer mitgeführt und auch erst in diesem Vergleich entsteht die Form der Unterhaltung, die einen ganz bestimmten Bezug zur realen Realität zum Ausdruck bringt (Ablehnung, Zustimmung, Übertreibung etc.).
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Der Zuschauer, der als Beobachter 2.Ordnung parasitär an dem Unterhaltungsgebot partizipiert, ohne sich mit Folgeproblemen des Betrachteten konfrontiert zu sehen, kann aus der Distanz dennoch sich selbst mitbeobachten und sich überlegen, was wäre, wenn er selbst in einer solchen Situation wie der dargestellten sich befände. Und wenn er dann sich selbst als Beobachter beobachtet, wie es sich bzgl. der Beobachtung der fiktionalen Realität beobachtet, sieht es, wie es selbst mit seiner Identität operiert, kann es einen Prozess der Selbstfestlegung mitverfolgen (der natürlich keinen Bestand haben muss) und daraus Identität gewinnen.

Dienstag, Juni 20, 2006

(53) UNTERHALTUNG I (LRM11)

"Sicherlich ist Unterhaltung auch eine Komponente der modernen Freizeitkultur, die mit der Funktion betraut ist, überflüssige Zeit zu vernichten." (S96)
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Aber nicht nur. Und uns interessiert hier auch weiterhin vor allem das WIE der stattfindenden Realtitätskonstruktion.
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Für den Programmbereich der Unterhaltung schlägt Luhmann vor sich am Modell des Spiels zu orientieren.
Das Spiel wird ebenfalls als eine Realitätsverdoppelung begriffen, als eine "Zweitrealität" die sich ausdifferenziert, mit eigenen Sinnkonstruktionen, eigenen Regeln, eigenen Ereignissen. Von dieser Zweitrealitätebene aus, erscheint das gewöhnliche Leben als reale Realität.

Das Spiel ist in einer zeitlichen Begrenzung festgesteckt, dass führt dazu, dass man - was sonst nicht möglich ist - Anfang und Ende wahrnehmen kann. Wenn das nicht mehr möglich wäre, käme es zu dem oft verfilmten Phänomen, dass aus dem Spiel plötzlich ernst wird, weil die Ausgangsoption verschwindet. Die Grenze, die das Spiel zur realen Realität immer aufrecht erhalten muss, wäre dann zusammengebrochen.
Unterhaltung unterscheidet sich aber vom traditionellen, interaktionsorientierten, Spiel dadurch, dass es lediglich virtuell vorhanden ist - über optische oder akustische Reize sich in Szene setzt. Es entsteht eine fiktionale, sehr freie Parallelwelt - in der auch soziale Konventionen nicht mehr gelten müssen.
Obwohl fiktional konstruiert, werden in der und durch die Unterhaltungswelt Realobjekte erzeugt - Texte und Filme - die den Übergang zwischen den welten reale Realwelt und fiktionale Realwelt ermöglichen. Damit die fiktionale Welt Bewusstsein an sich koppeln kann, prozessiert sie - wie die anderen beiden Programmbereiche auch - Informationen. Um diese wahrnehmen zu können, bedarf es trotz aller fiktionalen Möglichkeiten, dennoch eine gewissen Redundanz, damit Zuschauer das Neue auch von Bekanntem unterscheiden können und es%2
"Sicherlich ist Unterhaltung auch eine Komponente der modernen Freizeitkultur, die mit der Funktion betraut ist, überflüssige Zeit zu vernichten." (S96)
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Aber nicht nur und uns interessiert hier auch weiterhin vor allem das WIE der stattfindenden Realtitätskonstruktion.
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Für den Programmbereich der Unterhaltung schlägt Luhmann vor sich am Modell des Spiels zu orientieren.Das Spiel wird ebenfalls als eine Realitätsverdoppelung begriffen, als eine "Zweitrealität" die sich ausdifferenziert, mit eigenen Sinnkonstruktionen, eigenen Regeln, eigenen Ereignissen. Von dieser Zweitrealitätebene aus, erscheint das gewöhnliche Leben als reale Realität.
.Das Spiel ist in einer zeitlichen Begrenzung festgesteckt, dass führt dazu, dass man - was sonst nicht möglich ist - Anfang und Ende wahrnehmen kann. Wenn das nicht mehr möglich wäre, käme es zu dem oft verfilmten Phänomen, dass aus dem Spiel plötzlich ernst wird, weil die Ausgangsoption verschwindet. Die Grenze, die das Spiel zur realen Realität immer aufrechterhalten muss, wäre dann zusammengebrochen.
Unterhaltung unterscheidet sich aber vom traditionellen, interaktionsorientierten, Spiel dadurch, dass es lediglich virtuell vorhanden ist - über optische oder akustische Reize sich in Szene setzt. Es entsteht eine fiktionale, sehr freie Parallelwelt - in der auch soziale Konventionen nicht mehr gelten müssen.
Obwohl fiktional konstruiert, werden in der und durch die Unterhaltungswelt Realobjekte erzeugt - Texte und Filme - die den Übergang zwischen den Welten „reale Realwelt“ und „fiktionale Realwelt“ ermöglichen. Damit die fiktionale Welt Bewusstsein an sich koppeln kann, prozessiert sie - wie die anderen beiden Programmbereiche auch - Informationen. Um diese wahrnehmen zu können, bedarf es trotz aller fiktionalen Möglichkeiten, dennoch einer gewissen Redundanz, damit Zuschauer das Neue auch von Bekanntem unterscheiden können und es nicht einfach als nicht-verstanden durchgeht.
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[Bzgl. Redundanz gibt es da dieses schöne Beispiel von Luhmann in der "Einführung in die ST", dass auch bei neuer, ich sag jetzt mal: aufwühlender Kunst, 90% bekannt sein muss, damit die 10% provozieren können... leider finde ich gerade die Textstelle nicht]
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Informationen werden in einem narrativen Kontext erzeugt, erst in einem aufeinander verweisen von verschiedenen Phänomenen können Verbindungen den Status von Informationen erlangen bzw. Informationen erzeugen Verbindungen. Es hängt vom Beobachter ab wie die Zurechnung erfolgt und auch, wie die fiktionale Ereignisse mit der realen Realität incl. des beobachtenden Beobachters verknüpft werden.
Geschichten der Unterhaltung sind aber in sich abgeschlossene Gebilde, sie verweisen aus sich heraus, aus ihrer eigenen Logik auf folgendes. Eine Information irgendwo verweist bestimmt auf eine andere Information anderswo - in einer perfekten Inszenierung gibt es keine Zufälle. Der Zuschauer kann beim Beobachten der fiktiven Geschichten ganz entspannt von Kommunikationserwartungen des Beobachteten absehen - solange es ihn nicht zu parasozialem Verhalten ("Guten Abend liebe Zuschauer- "Hallo Frau Will!") drängt - und kann sich ganz der Beobachtung 2.Ordnung widmen.

Montag, Juni 19, 2006

(52) und jetzt: WERBUNG (LRM10)

Die Werbung ist der Programmbereich der Massenmedien, der sich am stärksten mit Manipulationsvorwürfen konfrontiert sieht - und sich auch am meisten Mühe macht, diesen Vorwürfen gerecht zu werden.

Während die Motive der Werbung offen auf dem Tisch liegen ("Verbraucherinformation" ;-) ), sind ihre Mittel weniger durchsichtig. Als Ziel ist das Gedächtnis der Zuschauer anvisiert - dort will man Elemente als Erinnerungen verankern. Primär darf man nicht vergessen werden.

Mit "Verbraucherinformation" (den Begriff führe ich hier ein, Luhmann gebraucht ihn nicht) ist zweideutig darauf hingewiesen, dass man die Zuschauer zwar zu Einstellungsänderungen (nämlich zu "Kaufabsichten") bewegen will, sie diesen Schritt aber alleine vollziehen sollen. Die Motive der Werbung werden durch schöne Präsentationen verschleiert. (Gelegentlich schafft es dann die ein oder andere Werbung auch jenseits der Werbezeiten/-spalten eine Funktion der Unterhaltung zu entwickeln: siehe als Beispiel: Honda)

Formen des paradoxen Sprachgebrauchs vereinnahmen Gegenmotive. Luhmann führt als Beispiele auf, dass suggeriert wird, man könne durch Geld ausgeben Geld sparen oder offensichtliche Massenprodukte exklusiv erwerben (...wahrscheinlich "nur solange der Vorrat reicht" - außer bei der H&M Unterwäsche Collection, für die mit Naomi Campbell damals auf Blutrot geworben hat, (H&M Campbell), ist mir nicht bekannt, dass der Vorrat irgendwann mal knapp wurde...).

Es geht auf jeden Fall darum, "in ein bereits interessenfixiertes Terrain einzubrechen und eine spezifische Ungewissheit zu erzeugen" (S.88). Interesse wecken für ein neues Produkt, vielleicht auch durch kleine kognitive Anforderung ("welche Firma produziert Knüller-Milch-Reis? Senden Sie die richtige Antwort...") ist die schwierige Aufgabe, denn das Meiste was beworben wird, findet wohl nie einen Platz im Einkaufswagen - und das nicht nur nicht aus finanziellen Gründen.

"Zu den wichtigsten latenten [...] Funktionen der Werbung gehört es, Leute ohne Geschmack mit Geschmack zu versorgen." und dann weiter - !!! - : "Nachdem es sich als unmöglich erwiesen hat, Bildung in Geld umzusetzen, hat die umgekehrte Möglichkeit, Geld als Bildung erscheinen zu lassen, immerhin gewissen Chancen" (S.89).

Symbolisch benutze Objekte versorgen Kunden mit Selektionssicherheiten und mit einer Begehrensstrukturierung, die sonst so nicht möglich wäre, weil es keine wirkliche Selektionskriterien beim Käufer gäbe, auf die dieser zurückgreifen könnte. Ob XXXL-T-Shirts wirklich jedem Hemd stehen und Pony-Frisuren unbedingt zu jedem Damengesicht passen, dies muss man nicht selbst entscheiden (wie sollte man auch: im schulischen Kunstunterricht wird ja nicht Ästhetik, sondern wohl eher Basteln gelernt); es ist jetzt in der Werbung aktuell und bald darauf Mode.

Dass Werbeinvestoren nie wissen, welche Hälfte der Werbekosten, die sie investieren, sich auch wirklich lohnt, verweist auf die eigentümliche Realitätskonstruktion der Werbung. Eine eigene Realität konstruiert sich allerdings durchaus.

Mit dem designen von oftmals kunstvollen Oberflächen wird auf eine weitergehende Tiefe verwiesen, die nicht mit-kommuniziert werden kann, die sich aber an anderer Stelle - vielleicht beim Konsum - eröffnen mag. Wie beim Betrachten eines Kunstwerks lassen sich die ausgelösten Irritationen beim Betrachter nicht auf die Leinwand bringen, entsprechende Kommunikation verweist aber darauf, dass diese zumindest kommuniziert werden (...nicht auszuschließen, dass viele neue Kleider des Kaisers auch mehr symbolischen Zeichencharakter als Outdoor-Qualitäten mitführen...).

Die Funktion der Werbung, so Luhmann, liegt letztlich in der Erzeugung von Redundanz und Varietät. Es geht beim Werben zum einen darum, dass deutlich kommuniziert wird, dass es etwas zu kaufen gibt - und zwar immer (noch). Und zum anderen sollen die beworbenen Produkte konkret von anderen unterscheidbar sein. Das erleichtert dem Konsumenten dann die Wahl.

Allerdings müssen permanent Neuigkeiten her, damit sich auch Neu-Anschaffungen an sich noch funktionstüchtiger Güter rechtfertigen lassen. Diese sollten dann so gut wie die alten, genauso gut wie die anderen und noch ein Quäntchen anders sein.

Sonntag, Juni 18, 2006

(51) Lernprozess

wir lernen, dass die welt weder eine scheibe, noch eine kugel ist.
die welt ist ein gespräch!"
"

Stefan M. Seydel

Link

Samstag, Juni 17, 2006

(50) Nachrichten und Berichte (LRM9)

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Kommunikation ist die Erzeugung schönen Scheins, mit denen sich das Individuum vor anderen und damit letztlich vor sich selbst verbirgt.

Realität der Massenmedien S.78



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Nachrichten und Berichte erarbeiten und verarbeiten Ignoranz in Form von Tatsachen. Ignoranz heißt hier wohl, dass in den Nachrichten nur das vorkommt, was denn eigentlich nicht aufgefallen wäre. Und Tatsachen verweist darauf, dass es als ontologisch und kausal vorgeführt wird.

Dabei wird durch das System der Massenmedien eine Normalisierung einer Unwahrscheinlichkeit erreicht: Die tägliche (heutzutage wohl stündliche oder im News-Ticker im Minutentakt) Erzeugung von Information über Neuigkeiten in Form von Nachrichten.

Es müssen zwei Dinge erfüllt sein:

- Erwartungen müssen erzeugt werden, dass immer wieder Neues passiert

und

- es muss professionelle Berichterstattung geben: Journalismus.

Die Mitteilungsform muss suggerieren, dass das Vergangene noch in der Gegenwart Bedeutung besitz, ja am besten, zukünftiges bestimmt. Dafür muss die Wahrnehmung von Kontinuität konstruiert werden.





Die Zeit beginnt dann irgendwann zu rasen und zwar ab dann, wenn die Berichterstattung immer schneller neue Informationen zu Tage fördert, die neue Einflüsse auf die Zukunft haben (können). Praktisch unbeeinflussbar ist die Welt in der "live"-Übertragung.

Informationen im Nachrichtenformat gelten als "wahr". Wahre Informationen zu liefern ist die professionelle Aufgabe der Massenmedien. Das es hier nicht um Wahrheit im Sinne Heideggers/Boventers (vgl. Post 38) ist offensichtlich. Eher scheint es sich um Wahrheit im Sinne von Konsistenz und Nicht-Falsifizierbarkeit zu handeln. So ist es auch keine "wirkliche Wahrheit" sondern komplexitätsreduzierte Wahrheit, im Sinne wie eine Landkarte "wirklich" das abbildet, was sie beschreibt.

Als Folge von "Ausdifferenzierung, Brechung der externen Determination und operativen Schließung" (S.57) schafft das System es intern einen Kommunikationsüberschuss zu erzeugen, auf den es selbstselektiv reagieren kann - und muss - und kann!

Eine Reihe von Selektoren führt Luhmann nun auf, die aus überschüssigen Möglichkeiten, bestimmte Informationen für Nachrichten auswählen, weil sie sich besonders gut eignen. Er erwähnt u.a.

- Neuigkeiten
- Konflikte
- Quantitäten (gibts nichts neues, macht man eine neue Tabelle)
- Normverstöße
- moralische Bewertungen("...haben die MassMedia eine wichtige Funktion in der Erhaltung und Reproduktion von Moral..." (S.64))
- Zurechnung auf Handeln
- Aktualität + Rekursivität
- Äußerung von Meinungen
u.a.

Als letzten, 10. Punkt, wird darauf verwiesen, dass es Organisationen sind, die diese Selektoren benutzen, um Selektionen zu vollziehen. Aber ihre Aufgabe ist vor allem im "Einpassen von Informationen" in "Rubriken und Schablonen".

Der Auswahl- / Auslesevorgang ist ein Konstruieren von Identität(en). Es werden Kontexte geschaffen und auseinander gerissen, es werden Verweise erstellt, Generalisiert und Konfirmiert. --> es entsteht ein -->

"Zusammenhang von Kondensierung, Konfirmierung, Generalisierung und Schematisierung"´

und es steht ein sehr selektives Gedächtnis der Gesellschaft, in dem einiges erinnert und vieles vergessen und das meiste nie erwähnt wurde.

Es geht hier aber nicht darum, einen Manipulationsverdacht aufzubauen oder zu belegen, sondern darum den manipulativen Charakter der Massenmedialen Darstellung als ihnen immanent zu begreifen. In der Auseinandersetzung mit diesem Mechanismus entfaltet das System in sich selbst seine Paradoxie von Information und Nicht-Information und gibt sie an sich selbst zurück.

Es ist offensichtlich, dass Massenmedien Informationen manipulieren - sie können gar nicht anderes. Informativ sind sie trotzdem und glaubwürdig sind sie dann dort und deshalb, wo und weil sie nicht schaffen, alles zu manipulieren.

(49) Systemspezifischer Universalismus (LRM8)

Wenn wir es mit einem eigenständigen System der Massenmedien zu tun haben, muss es sich als emergentes Teilsystem der Gesellschaft ausdifferenziert haben. Es muss sich vor allem autopoietisch reproduzieren können, also seine Grenzen, die es von der Umwelt trennen selbst herstellen und ziehen können. Dazu bedarf es einer operativen Geschlossenheit, also eine Operationsform, die nur im System vorkommt, nur vom System hergestellt werden kann und von der Umwelt auch nicht anderweitig erzeugt wird. Spezifische soziale Subsysteme der Gesellschaft verfügen über eine ganz spezifische Kommunikationsoperation die jeweils nur sie realisieren.

Grenzziehung ist ein Unterscheidungsgebrauch, ein Beobachten, ein Unterscheiden und Bezeichnen - das System muss sich selbst unterscheiden und bezeichnen.

Ein System existiert bereits, wenn es beginnt sich zu reproduzieren. Der Anfang ist immer schon irgendwie gemacht (-> und will man den Anfang rückblickend rekonstruieren, konstruiert man eine gegenwärtige Beschreibung des Anfangs). Die Grenzziehung bedeutet, die bereits gezogene Grenze zu reflektieren und erneut zu ziehen: das System wieder von seiner Umwelt zu differenzieren -> zwei Seiten zu generieren. Ein binärer Code (Systeminnenseite/Systemaußenseite) dient dabei als Leitdifferenz.

Die Parson`schen Begriffe Universalismus und Spezifikation bilden dabei ein Komplementaritätsverhältnis.

Universalismus -> bezieht sich auf die Systemfunktion. Für die Funktion des Systems ist nur dieses eine System zuständig und sonst keins. Nur die Wirtschaft ist für Zahlungen zuständig und nur das Recht für Recht. Über Krankheit und Heilung entscheidet nur das Krankensystem und nicht mehr eine Moralische Instanz, deren Moral aber auch nicht mehr pathologisch untersucht wird.

Das System kann sich um alles selbstthematisierte kümmern.

Spezifikation -> bezieht sich auf die eigenen Operationen, die nun auf hochkomplexer Art weiterentwickelt werden können, weil sozusagen durch den "Expertenbonus" intensivste Auseinandersetzung möglich ist.

Es kommt zu einer selbstselektiv spezialisierten Universalität. Zusätzlich verstärkt durch eine Binnendifferenzierung unterschiedlicher Programmbereiche (in allen größeren sozialen Subsystemen zu finden).


Bzgl. der Massenmedien unterscheidet Luhmann induktiv 3 Programmbereiche:

Nachrichten ----- Werbung ---- Unterhaltung

Ihnen ist gemeinsam, dass sie den Code Information\Nicht-Information gebrauchen, aber die Kriterien, wie sie ihn benutzen, also wie sie Informationen auswählen, ist unterschiedlich.

Die Unterscheidung dieser 3 Bereiche, ist für Luhmann die wichtigste interne Struktur des Systems der Massenmedien.

Montag, Mai 22, 2006

(48) Blog Aktuell

Warum sich hier im Moment nichts tut?

Andere Kommuniaktionsstränge, andere Rollenerwartungen - mehreres schöpft gerade meine Kapaizitäten und Ressourcen (aufmerksamkeit und zeit) ab.

vielleicht wird hier auch ein Kapitel "Konstruktivismus" zwischengeschoben, weil systemtheorie sowieso mit konstruktivistischer erkenntnistheorie operiert ... und weil es für mich bald prüfungsrelevant ist...


in this way, go on...

Donnerstag, Mai 04, 2006

(47) Binärer Code (LRM7)

Eine systemspezifische Kommunikation kann nur unter der Voraussetzung, dass sie einen abgegrenzten Sinnzusammenhang herstellt, ausdifferenziert werden.
Dazu müssen Anschlussmöglichkeiten, die Grenzziehung {nötig um Teilsystemkomplexität aufzubauen) verhindern würden, unterbrochen werden. Gleichzeitig muss an bestimmtes unterschiedenes produktiv angeschlossen werden.
under construction

Wie in (42) bereits erwähnt gibt es diverse charakteristische Eigenschaften von Massenmedien. U.a. die Verbreitungstechnologie, welche Interaktionen wirksam ausschließt und für ein System der Massenmedien vergleichbare Bedeutung als Medium besitzt, wie (Münz-)Geld für das System der Wirtschaft.

Die Differenz aber, die für die System]Umwelt-Differenz, also für die Erkennung anschlussfähiger Operationen, benötigt wird, ist in Form eines binären Codes vorhanden.

Die Massenmedien differenzieren sich als gesellschaftliches Subsystem über den Code Information(+)]Nicht-Information(-) aus.
Da man in einen unendlichen Regress eintritt, wenn man erkennt, dass wenn etwas keine Information ist, das auch eine Information ist, wird eine weiter Unterscheidung eingeführt: Codierung -I- Programmierung.

Die Massenmedien stehen unter dem organisatorischen Zwang, "Sendezeiten" füllen zu müssen. Als Folge der auf Informationen abgestellten Moderne entsteht eine Irritierbarkeit, welcher von massenmedialen Programmen kompensiert wird. "Was heute Neues kommt, wird morgen in den Reportagen erklärt" - und im Jahresrückblick an Sylvester als endgültig vergangenes behandelt. Das findet alles (Kreation bis Abwendung) in e i n e m System statt.

Die Massenmedien sensibilisieren in der Moderne für Störungen {-die in ausdifferenzierten Gesellschaften permanente Folge der geschlossenen Systeme und deren, in ihrer Umwelt vorkommenden Systeme.

Mittwoch, Mai 03, 2006

(46) Information (LRM6)

Eine Information ist, nach G. Baetson, "ein Unterschied, der einen Unterschied macht". Sie besteht also aus zwei Komponenten:

(A) der Unterschied, der sie ist (Abweichung vom Alten)
(B) den Unterschied, den sie auslöst (Änderung der Struktur)

(B) setzt ein Gedächtnis (<- also selektiven, systeminternen Prozeß) voraus. Das heißt auch, dass die Systemreferenz entscheidend ist bei der Deutung der Information.
Informationen setzen ein Zeitverständnis voraus. Sie lassen sich als Information nicht wiederholen. Da sie ja einen Unterschied darstellen. Der Befehl: "Lesen Sie das Buch!" enthält nur beim ersten Mal die Information, dass das Buch gelesen werden soll. Wird der gleiche Befehl noch einmal wiederholt, ist die Information nicht mehr, dass man das Buch lesen soll, sondern eher, dass man es für nötig gehalten hat, den Befehl zur Erinnerung zu wiederholen. Die Operationen des Systems verwandeln Informationen in Nicht-Informationen. Folge: Das System muss neue Informationen generieren.

Die Massenmedien streuen Informationen so breit, dass gesellschaftsweite allgemeine Redundanz erwartbar ist. [Mein persönlicher Gedanke ist ja, dass das bei einer Informationsflut dann wiederum nicht mehr gilt. Ungefähr festmachen würde ich diesen Schritt bei Übergang von Television auf Internet als primäres Verbreitungsmedium. Wobei der nicht in allen Bereichen stattgefunden hat und auch im Internet es zentralwichtig Sites und periphere Sites gibt. Dennoch glaube ich eine "Explosion" von Möglichkeiten bei beiden zu beobachten. Das Zentrum wird also auch breiter, statt zugespitzter.)

Jede Neuigkeit veraltet alle vorangegangenen Neuigkeiten und läßt deren Gegenwarten zur Vergangenheit werden.

Donnerstag, April 27, 2006

(45) bistabiler Kalkül (LRM5)

Bei der Lektüre systemtheoretischer Texte tauchen immer wieder die Begriffe "Kalkül" und / oder "(2 Seiten) Form" auf. Dabei wird in der Regel Bezug genommen auf einen, von dem Mathematiker George-Spencer Brown entwickelten, Operator. Das dazu gehörende Ausgangswerk ist das Buch "Laws of Forms". Ich muss an dieser Stelle eingestehen, dass ich es zwar begonnen habe zu lesen, aber es leider doch sehr schwierig finde und mit bislang mit Sekundärerklärungen wie sie in dem Buch zu Luhmanns Vorlesung "Einführung in die Systemtheorie" und in "Die Ges. der Ges." gegeben werden arbeite. Ich schreibe hier jetzt auch nur noch, dass diese Form aus zwei Seiten besteht, einer vertikalen Linie, welche zwei Seiten voneinander trennt und einer horizontalen Linie, die auf eine Seite verweist, und zwar, dass ist für den Systemtheoretiker relevant, immer auf die Seite des Systems.

Luhmann schreibt nun vom "bistabilen Kalkül" (ein Terminus der wohl auf Heinz von Foerster zurückgeht), der entsteht, wenn ein System in seine Differenz (siehe Post (44) sowie die bereits erwähnte "Einführung in die Sys.the." --> "Das System ist die Differenz zwischen System und Umwelt") hinein Unterscheidet (siehe Post (44)) und durch diesen "reentry" beginnt, eine eigene Zeit zu generieren. Ich stell mir das bzgl. Massenmedien so vor, dass ein Thema durch die Anzahl der in einer Zeit veröffentlichten Beiträge - was hier Operationen darstellen - Sequenzen generiert, die Zeit "verbrauchen". Da können sich Zeiträume für andere Beobachter ziemlich dehnen (etwa, dass schon wieder vergessen wurde worum es geht und jetzt anderes interessant ist) oder Hektik auslösen (wenn Skandale immer wieder neue belastende Informationen generieren und man nicht konsistent reagieren kann). Außerdem können Berichte in unterschiedlicher Reihenfolge ein verschiedenes Nacheinander generieren.

Als Folge aus diesen Beobachtung ließe sich vermuten, dass Kommunikation immer "so" und mit den Erwartungen prozessiert wird, dass an sie angeschlossen werden kann und reentrys wahrscheinlich werden.



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Das reentry des bistabilen Kalküls führt für das System als Beobachter 1.Ordnung zu einem "imaginary state", der sich aus der Paradoxie ergibt, dass für das System "wie" und "was" gleichgesetzt werden.

Unterscheidung = Differenz; weil Differenz # Unterscheidung

Das erfordert, wenn man das Paradox auflösen möchte, eine reflexive Bezugnahme auf den Systemzustand, also eine nicht durch ihn determinierte Imagination.

Das System reflektiert sich dann bzgl. seines "Wie" und kann so sein "Wie" mit anderen möglichen "Wie" vergleichen, um entscheiden zu können, ob es weiterhin mit seinem bisherigen "Wie" "W/Das" beobachtet, oder ob es ein vergleichbares "Wie" gibt mit dem "Was anderes" beobachtet werden kann.

Diese Reflektion läuft über das umwandeln von Irritationen in Informationen, die selber wieder als Irritationen beobachtet werden können, die in Informationen umgewandelt werden können, die wiederum als Irritationen.....

(44) Selbst- und Fremdreferenz (LRM4)

Die Realität der Massenmedien ist als Doppelte Realität vorhanden:

1.) Die durch die Technologie bedingte. eigene Beobachtung der Massenmedien. Also was und wie beobachten die Massenmedien in der in ihnen ablaufenden Kommunikation?
2.) Und sie stellen eine Realität für andere dar. Was (re-)präsentiert sich durch diese für andere?

Eine Funktion kann also in der Erzeugung einer "transzendentalen Illusion" beobachtet werden. Sie konstruieren eine zweite Realität und zwar im Unterschied zur eigenen Realität (s.o.).

Bereits in Post (41) bin ich auf die Unterscheidung von Selbst- und Fremdreferenz eingegangen.

Die Differenz von System] und Umwelt, wird intern und selbstreferentiell unterschieden in {Selbstreferenz]Fremdreferenz}System] und Umwelt.

Differenz # Unterscheidung“, sondern die Differenz führt erst über die / eine spezifische Systemdifferenz zu Unterscheidungen.

System = System] Umwelt Differenz
Unterscheidungen --> Selbstreferentielle] Fremdreferentielle Unterscheidungen

In den Massenmedien verweisen die in ihnen behandelten Themen auf fremdreferentielle Beobachtungen. Indem sie in ihrer Umwelt vorkommende Phänomene intern weiterverarbeiten, stellen sie eine besondere Form von organisiertem Gedächtnis ihrer gesellschaftlichen Umwelt dar. Diese strukturelle Kopplung mit anderen Teilen der Gesellschaft ist ein innersystemisch ablaufender Vorgang. Um sich das zu verdeutlichen genügt es eigentlich sich klarzumachen, wie schwierig es ist, Themen von außen in den Massenmedien zu platzieren.

Im Spannungsverhältnis von selbstreferentieller Beobachtung fremdreferentiell beobachteter Beiträge spielen sich die Entscheidungen über Fortsetzung oder Abbruch eines Themas ab. Als erfolgreiche Kommunikation gilt für die massenmediale Kommunikation, wenn sie es schafft ein Thema bekannt“ zu machen. In diesem Fall beschleunigt sich die Kommunikation.


(# = "ungleich")

Mittwoch, April 26, 2006

(43) Blogg Aktuell

Das Semester hat bei mir wieder angefangen. Das bedeutet für den Blog ein wenig Tempoverlust, weil anderes drängelt (Seminartexte, ein Expose). Aber auf dieser Baustelle wird natürlich auch weiter gearbeitet und veröffentlicht.

in this way, go on...

p.s. ...blogger.com hakt im Moment etwas in seinen Funktionen. Wenn ich richtig verstehe wegen Auslastungskapazitäten. Darum etwa kein Blocksatz etc. im Moment.

Montag, April 24, 2006

(42) Massenmedien - Eigenschaften (LRM3)

zu 2.) Zunächst werden charakteristische Eigenschaften von Massenmedien genannt, als da wären:

-massenmediale Kommunikation wird erst durch bestimmte Verbreitungstechnologien ermöglicht
-keine direkte Sender - Empfänger Interaktion (wenn, dann sind es inzsenierte Ausnahmen)
-es besteht eine Sendebereitschaft auf der einen, und ein Einschaltinteresse auf der anderen Seite
-es wird ein Überschuss an Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen
-es findet gleichzeitig eine Standardisierung und Differenzierung statt, Luhmann verwendet den Ausdruck "individuengerechte Vereinheitlichung"

[Ich frage mich an dieser Stelle - weil ich gerade einen Text von Rolf Todesco über Hypertext lese - ob die Fernbedienung nicht auch schon mit ihren Umschaltknöpfen die Wahrnehmung einer sehr individuelle Rezeption von Bilderwelten ermöglichte, die möglichen Mitteilungsabsichten der Sender immer querliefen. Bsp. man schaut Nachrichten und im Anschluss den Tatort, und anschließend wird Information mit Grusel verknüpft. - Oder man schaut den Tatort und zappt dann zu Wahre Liebe und verknüpft Grusel mit Erotik. - Wobei im TV das verLINKen allerdings sehr viel unbestimmter verläuft als im Hypertext. In dem die meisten Links zumindest Sinn mitgedacht gesetzt werden. Während es beim TV so ist, als ob man durch eine visuelle Bibliothek läuft und 10 Bücher zufällig aus den Regalen zieht und sie durcheinander liest und versucht dann Verknüpfungen herzustellen.]

Sonntag, April 23, 2006

(41) Konstruktivismus I (LRM2)

Nach den ersten beiden Kapiteln ("Ausdifferenzierung als Verdoppelung der Realitität" und "Selbstreferenz und Fremdreferenz") stellen sich zwei ineinandergewobene Stränge im Buch heraus:


1.) Theorie - Es findet eine Darstellung und Auseinandersetzung mit systemtheoretischen Begrifflichkeiten statt. Die Form der Erkenntnisgewinnung wird mitreflektiert und läßt ersichtlich werden, mit welchen Instrumenten die, bei mir unter 2.) aufgeführten, Erkenntnisse gewonnen wurden. Die Systemtheorie nimmt ihren Ausgang (einen von mehreren) im (Operativen) Konstruktivismus.
2.) Massenmedien - Was sie sind, wie sie beobachten und welches ihre Funktion(en) sind, dies wird hier unter den unter 1.) beschriebenen Voraussetzungen dargestellt.

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Zu 1.) Luhmann legt sich darauf fest, Erkenntnistheoretisch auf der Schiene konstruktivistischer Theorie zu fahren. Das bedeutet zunächst einmal, dass ein "Wahrheitsbegriff" nur im Sinne von "Wahrheit für einen bestimmten Beobachter" gedacht werden kann, was zur logischen Schlussfolgerung führt, dass die Frage des "Manipulationsverdachts" gegenüber den Massenmedien in der folgenden Forschung nicht zur Debatte steht.

In der Systemtheorie werden ja bestimmte Systeme mit Hilfe der "{System ] Umwelt} - Differenz" unterschieden und dann immer mit Blick auf das System beobachtet (siehe A1). Das System selbst beobachtet alle Ereignisse die es beobachtet - und es beobachtet diese selbst. Wenn das System "menschliches Auge" einen grünen Baum beobachtet, dann beobachtet es diesen allerdings so, als wäre dieser "grüne Baum" außerhalb von ihm selbst vorhanden. Dem liegt aber - unter bestimmten Beobachtungspunkten - eine Täuschung zugrunde. Diese Situation mit physikalischen Hilfsmitteln beobachtet läßt zu dem Schluss gelangen, dass das menschliche Auge Lichtwellen wahrnimmt, die vom Baum abgestrahlt werden, und diese "Lichtwellen" werden vom Gehirn in "grün" umgerechnet. Nicht der Baum ist grün, sondern die Errechnungen des neuronalen Netzes liefern das Ergebnis "grün". Mit dem Baum "an sich" ist es wahrscheinlich ähnlich. Auch sein Bild vor unseren Augen ist das Resultat von kognitiv verarbeiteten Umweltirritationen. Warum wir gerade ihn als solchen wahrnehmen ist vermutlich ein Konglomerat verschiedenster Faktoren. Ein schönes Beispiel ist, so finde ich, dass von dem "Naturvolk", welches keine 90° Winkel wahrnimmt, weil sie diese aus ihrer "natürlichen Umwelt" überhaupt nicht kennen, bis man sie explizit darauf hingewiesen hat.
Nun gut, es werden aber trotzdem von System manche Ereignisse als "Innersystemisch" (ich sehe das Bild so schlecht, weil ich Tränen in den Augen habe) und andere als "Umweltverursacht" (es ist dunkel, darum sehe ich nichts) wahrgenommen. Für ersteres wird der Begriff "selbstreferentiell", für zweiteres der Begriff "fremdreferentiell" verwendet. Diese Unterscheidung kommt aber trotzdem nur innersystemisch vor (siehe A2) und NICHT in der Umwelt.
Es lassen sich 2 Folgen ableiten:
a.) Es besteht kein Zweifel, dass eine Umwelt existiert. Immerhin kommen Irritationen rein ins System, von denen nicht ganz klar ist, was sie "wirklich" sind.
b.) Diese Umwelt, und damit die Welt, verbleibt praktisch als Horizont, also als unerreichbares, immer mitlaufendes.
a und b zusammen ergeben, dass die Realität konstruiert werden muss und zwar durch systeminterne Kognitionen. Die Realität ist ein inneres Korrelat von Systemoperationen, die interne Sinngebungen darstellen. Diese Realitäts- und Sinnkonstruktionen müssen aber fortlaufend, externen Einflüssen ausgesetzt, ihre Brauchbarkeit beweisen und Konsistenzprüfungen bestehen. Mögliche Inkonsistenzen werden durch andere Konstruktionen ersetzt - und sei es durch das Wissen um Nichtwissen.
Aus dem vorhergegangenen lässt sich leider dann keine generalisierbare Aussage über Realität mehr gewonnen werden. Und nun stellt sich für den Soziologen das Problem, wie Realität als Realitätskonstruktion beschrieben werden kann?
Dazu wird in der Systemtheorie eine systemspezifische und an der Funktion von Strukturen der Systeme orientierte Beobachterposition eingenommen, die sich selbst permanent mitreflektieren muss. So lautet bzgl. der Massenmedien die Frage: Wie konstruieren Massenmedien ihre Realität und unter welchem Funktionsprimat tun sie dies? Und mit welchen Begrifflichkeiten, kann man dem auf die Schliche kommen?

Freitag, April 21, 2006

(40) Niklas Luhmann: Die Realität der Massenmedien (LRM1)

"Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien. [...] Andererseits wissen wir soviel über die Massenmedien, dass wir diesen Quellen nicht trauen können." S. 9
Ja, ich habe mich für die "amoralische", funktional-strukturelle, systemische Lektüre des bekannten Bielefelder Soziologen, der selber (so hörte/laß ich) einiges gegen die Autorenschaft einzuwenden hatte.
Das Buch ist vergleichsweise jünger als das von Boventer(1984). Es erschien in zweiter, erweiterter Auflage 1996. Das heißt der große Internetboom und das, was heute unter dem Kürzel "Web 2.0" diskutiert wird, sind also noch nicht mitbehandelt worden.
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Mittwoch, April 19, 2006

(39) Blog Aktuell

Der Blog - jetzt seit ca.2Wochen im / am Netz - hat sein erstes Thema (Hermann Boventer`s Buch: Die Ethik des Journalismus, Konstanz 1984) abgeschlossen.
Mit der unter (38) veröffentlichten Zusammenfassung, die ganz bewusst die Themen Luhmann / Systemtheorie / McLuhan ausklammert, ist ein vorläufiger Abschlusspunkt gesetzt. 32Texte (BEJ1- BEJ32) sind veröffentlicht, die sich ganz der Interpretaion Boventer`s widmen. Die nun folgenden Airports werden mit einer anderen Fluglinie angesteuert, was nicht heißen soll, dass Boventer außen vorbleibt, aber seine Sichtweise (christlich, humanistisch, onthologisch, moralisch, ethisch etc.) soll einem Vergleich, einem Kontrast ausgesetzt werden.
Ich selbst werde am Freitag (übermorgen) eine Klausur in katholischer Sozialethik bei Prof. Ockenfels schreiben. Dabei soll - sofern es mir zum Thema passend gelingt - der Inhalt des Buches eine entscheidende Rolle spielen.
Ab Samstag, geht es dann hier weiter... die Lektüre ist bereits ausgewählt....
In this way....
P.S. Können eigentlich falsch assoziierte Assziationen, zu richtig assozierten Assoziationen werden, wenn die Assoziationsumwelt nachträglich an die Assoziationen angepasst wird?

Geht das überhaupt?

(38) Zusammenfassung (BEJ32)

Hermann Boventer: Ethik des Journalismus
Wenn wir vom Standpunkt christlicher Soziallehre aus die Massenmedien und den Journalismus beobachten, welche Antworten sind dann auf folgende Fragen zu geben?
Wie kann eine Ethik für den Journalismus aussehen?
Was soll eine solche überhaupt sein?
Worauf beruft sie sich?
Welche Aufgabe erfüllt sie?
Läßt sie sich, und wenn ja, institutionalisieren?
Gibt es einen speziell christlichen Weg, einen christlichen Journalismus?
Welche Grenzen sind dem Journalismus gesetzt?
Leisten Journalisten einen Dienst im öffentlichen Auftrag?
Erkenntnistheorie
Wenn wir von Erkennen sprechen, so meinen wir Verstehen von Ereignissen. Wir sind dabei immer schon traditionell, weil wir bereits vorhandenes Wissen gebrauchen, um neues zu interpretieren.
Wir verlassen uns also auf Wissen, dass der menschlichen Erfahrung entstammt. Alle menschliche Erkenntnis ist die Analyse unserer Erfahrungen und so geht auch die Wissenschaft aus der Lebenspraxis hervor und ist auch für diese wieder vorgesehen.
Der Ausgang von der Schöpfungstheorie und von Gott, macht die Welt prinzipiell verstehbar und auch erkennbar, wenn auch eine Grenze zum Letzten besteht. Wir entdecken die Möglichkeiten, die Gott in der Wirklichkeit geschaffen hat. Aus diesen Möglichkeiten bilden wir Abstraktionen. Der Journalist z.B. beobachtet Phänomene und übersetzt sie in Sprache. Dabei ist dem Journalismus, die Idee der Wahrheit immanent, denn niemand will einen unwahren Bericht oder falsche Nachrichten. Es stellt sich also die Frage, was Wahrheit ist und wie man sie erkennen kann.
Wir benötigen eine Erkenntnistheorie, eine sinngerichtete Anschauung des Ganzen mit der wir die Erkenntnis und Verständnis von Dingen und Menschen erlangen können, um das Wahre zu wissen und das Gute zu wählen.
Wahrheit
Wahrheit ist dabei ein ethisches und politisches Ziel. Bei Heidegger ist das Sein als Seiendes wahr. Das Wahre als solches seiend. Die Wahrheit gehört zum Wesen des Seins. Seiendes sein, das heißt für Heidegger: zum Vorschein kommen, erscheinend auftreten, sich hin-stellen, etwas her-stellen. Das Wahre ist hier das Wirkliche und der Wahrheitswille zeigt sich in der Zuwendung zur Wirklichkeit. Sie, die Wirklichkeit, soll sprechen und wir wollen erkennen und verstehen was sie sagt und nicht, was wir wünschen, was sie sagen soll. Auch Thomas von Aquin fasst Wahrheit als Übereinstimmung von Ding und Denken, von äußerer Wirklichkeit und innerer intellektueller Erfassung dieser.
Doch auf welche Realität bezieht sich unsere Wahrnehmung? In einer medienvermittelten Realität bezieht sie sich auf die von anderen Menschen vorbereitete Wirklichkeitsbeobachtung. Der Mensch ist von Natur aus ein kommunikatives, ein dialogisches Wesen. Mit Pross können wir sagen, der Mensch ist das Resultat kommunizierender Kräfte und in diesen bewegt er sich sein Leben lang. Das Ende der Kommunikation ist auch das Ende seines Lebens, der Tod. Der Mensch ist also nicht Mensch aus sich allein heraus, sondern immer Mensch Mit-Menschen. Es besteht ein Aufeinanderangewiesensein und so konkretisiert sich im „communicare“ des Gesprächsmodells die Moralität der menschlichen Person gegenüber, denn diese sind es die sprechen und hören.
Durch die Sprache kann der Mensch auch ein Subjekt in freier Selbstbestimmung werden, denn er erschließt sich durch sie, die in Gemeinschaft erworbene, seine perspektivisch wahrgenommene und dennoch reale Lebenswelt.
Der Mensch braucht also die Mitmenschen um er selbst zu sein. Doch um gemeinsam zu sein, bedarf es ein Stück ethisches und sittliches Verhalten gegenüber der Gemeinschaft und eine Gewissenhaftigkeit des Handelns, damit der Mensch nicht zum Wolf wird.
Und der Mensch muss, da er es ist, der seine Welt erkennt, den Dingen Bedeutung gibt und nach eigener Einsicht handelt, Vernunft zeigen, welche sich durch den Gebrauch von Freiheit erweist. Wobei es Post-Nietzsche nicht mehr möglich ist, jedwede Moral nicht einer dauerhaften Überprüfung zu unterziehen und ihre funktionale Begründbarkeit zu zeigen.
Sicherlich ist es eine Leerformel wie Kluxen sagt, zu fordern, man soll das Gute tun und das Böse lassen, doch sie ist wie er folgert, nicht überflüssig. Sie gibt die moralische Differenz an, in welcher der praktische Charakter der Ethik indiziert wird.
Vom rechten Gebrauch der Freiheit lässt sich erst dann sprechen, wenn sie als Gabe, als Auf-gabe und Möglichkeit des Existierens verstanden wird. Es kommt darauf an „Ich“ zu sein, als „Handelndes Subjekt“ aufzutreten und als solches sich verantwortlich zu fühlen für „das Ganze“, dass auf meinen Schultern mitgetragen wird. Ich bin verantwortlich für die Wirkungen die ich verursache. Das gilt genauso, wenn ich mich in meiner Freiheit entscheide Politik zu machen oder Medieninhalte zu formen und anderen Mitmenschen als wahre Wirklichkeit zu präsentieren.
Der Journalist
Die Wirklichkeit die der Journalismus hervorbringt ist eine moralische Wirklichkeit, denn das menschliche Können hängt davon ab, was wir erkennen. Deshalb ist ein ethisches Denken für den Journalismus unbedingt.
Der Journalist steht in der Neuzeit als Agent der Bürger in Sachen Neuigkeitsbeschaffung. Dabei sollen diese Neuigkeiten gleichzeitig wahr sein. Die Rezipienten sind auch Menschen, die sich aus den wahrgenommenen Medieninhalten ein Weltbild einer Welt bilden, die außerhalb ihrer eigentlichen Sinnesreichweite liegt und deren Wirklichkeit sie nur aus den Medien kennen. Diese Menschen sind darauf angewiesen, dass man sie nicht anlügt oder die Wirklichkeit fratzenhaft verzerrt.
Der demokratische Meinungskampf gründet auf der Presse- / Meinungsfreiheit und dem daraus abgeleiteten Recht sich informieren zu dürfen. Die geistige Welt die der Journalismus bei verbreiten seiner Informationen schafft, sollte nicht leichtfertig eine auf Unwahrheiten basierende geistige Sphäre schaffen, aus der sich reale Handlungen ableiten werden. Der Journalist ist in einer mächtigen Position, denn er bestimmt, was in den Mittelpunkt seiner Nachrichten rückt und was er ausschließt. Er wählt den Focus des Betroffenseins seiner Mitmenschen, er unterscheidet wem oder was er das kostbare Gut „Aufmerksamkeit“ zu Teil werden lässt. Der Journalist ist der Gatekeeper am Tor zur öffentlichen Meinung. Er hat eine verantwortungsvolle Aufgabe.
Kant sah den Journalisten bereits als Teil der Aufklärung. Die öffentliche Urteilskraft fördern, die Mündigkeit der Bürger stärken und die Humanität festigen, dass seien seine Aufgaben. Dazu müsse diese Berufsgattung die Fähigkeit entwickeln, die Welt auf Normen zu beziehen und daran zu messen, sowie Kritik zu üben. Immer mit dem Ziel, den Bürger aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien.
Zunächst sollte sicher die Quellenkritik besonders beachtet werden, sowie eine an Authentizität – trotz, oder gerade wegen der technischen Bedingungen – orientierte Berichterstattung und Verständlichkeit. Der Journalist handelt mit sprachlichen Mitteln, dabei drückt sein Sprachverständnis sein Weltverhältnis aus. Verständlichkeit meint nicht primitive Sprache, sondern eine, die Lebenswelt beachtende Sprache. Der Gesprächspartner muss erhalten bleiben.
Das teleologische Denken auf den Journalismus angewendet beschreibt Scheler in etwas so. Ein von Menschen hergestellter Journalismus bewegt sich in seinen Darstellungen entweder auf das einend Heilserfüllende oder das unheilvoll Auflösende zu. Beides ist von den Urhebern zu verantworten und so sind sie - wenn sie sich nicht für das Zweite entscheiden wollen, und das würden sie tun, wenn sie sie sich nicht für das Erste entscheiden - darauf angewiesen, Vernunft, Erfahrung und Einsicht zu gebrauchen.
Es geht hier um eine möglichst objektive Wahrheitsfindung und das heißt: (1) Geduldiges Sammeln von Fakten; (2) Ordnen der Fakten zu einem Bild; (3) Überprüfen des Ganzen; (4) Bereitschaft zu Korrektur.
Für eine demokratische Lebensform ist einfreier und guter Journalismus konstitutiv. Auf dem Umschlagplatz, dem Markt der Ideen und Themen, nimmt er eine vermittelnde öffentliche Aufgabe wahr.
Die Theorie von der „Social Responsibility“ ist es vor allem, die dem liberalistischen und wertfreien Wissenschaftsgeist gegenübertritt und eine Presse- und Journalistenethik begründet. Es ist hier die Pflicht der Presse eine neue Welt durch die Verbreitung von Wissen schaffen zu helfen, wobei sie sich für die Wertschätzung der Ziele einer freien Gesellschaft mitverantwortlich fühlt. 5 Punkte einer journalistischen Sozialverantwortung werden dargestellt: (1) Die Presse hat die Tagesereignisse wahrhaftig und in ihrem Zusammenhang umfassend darzustellen; (2) Die Presse soll ein Forum für Austausch von Kritik sein; (3) Die Presse soll ein repräsentatives Bild der gesellschaftlichen Kräfte geben; (4) Sie hat die Werte und Ziele der Ges. darzulegen und zu klären; (5) Die Presse hat einen vollen Zugang zum Tageswissen – „full access to the day`s intelligence“- zu verschaffen.
Selbst in der systemtheoretischen Analyse von Rühl und Saxer wird ein Ethikbedarf als moralisches Steuerungspotential gesehen. Boventer geht noch darüber hinaus und verweist auf die dem Journalismus innewohnende Subjektivität, welche durch die Persönlichkeiten die mit ihrer persönlichen Moral die Basis des Journalismus sind, ihm eigen ist. Darum müsste schon die Qualifikation für diesen Beruf eine ethische und sittliche Professionalisierung beinhalten.
Sprache
Es wurde bereits erwähnt, dass es in der Mitmenschlichkeit – und Medienkommunikation ist wie alle Kommunikation, Kommunikation mit Menschen – auch auf die Sprache die gesprochen wird ankommt. Sprache ist eine Tätigkeit. Aus dem sprechen, dem verstehen und dem antworten geht das Gemeinsame hervor. Die Sprache selbst ist Ich-los, sie enthält stattdessen einen Wir-Bezug, man spricht immer zu jemandem.
Die christliche Religion achtet das Wort schon deshalb sehr, weil sie es – die Kommunikation – an den Anfang der Schöpfung stellt. Und auch der Mensch braucht, gottähnlich, nur seine Gedanken auszusprechen und es gestaltet sich die Welt. Es wird Licht und Finsternis, Wasser sondern sich vom Festland. Die Welt ist die Signatur des Wortes. Umso wichtiger ist es zu bedenken, dass sich im Dialog der Sprache Wahrheit ereignet und das deshalb gefragt werden sollte nach den Regeln des gemeinsamen Argumentierens im Diskurs, um mit Habermas zu sprechen. Damit nachher wirklich der „zwanglose Zwang des besseren Arguments“ gilt.
TV
Wenn wir von moderner Medienkommunikation sprechen, dann richtet sich der Blick auf das, was heutzutage in der Regel den Blick im häuslichen Umfeld auf sich zieht und an dem Ort steht, wo einst der Hausaltar seinen Platz fand: der Monitor. Sein inzwischen veralltäglichtes Massenmedium, das TV, und das vergleichsweise jüngere, der Computer mit dem Anschluss ans WWW, präsentieren sich über / durch ihn. Und gerade am Beispiel TV kann man, wenn man das Augenmerk zunächst auf die technischen Aspekte lenkt, feststellen, wie groß der Unterschied zum ehemaligen Primat der Medienkommunikation, der Schrift, ist.
Im TV findet gleich eine doppelte Codierung statt: Wort und Bild, wobei das Bild deutlich überproportional wahrgenommen wird. In der Regel werden Worte sogar oft den Bildern hinterher beigefügt, womit sie ihre Authentizität einbüßen.
Einst waren Bilder das einzige Medium, ein vergängliches Wort in seiner Anschauung gegenwärtig zu halten. Sie waren magische Kommunikationsmittel und bildeten nicht nur ab, sondern beschworen die Wirklichkeit. Beim modernen TV-Bild tritt die elektronische Technik dazwischen und fabriziert eine Techno-Bilderwelt. Die Bilder sind jetzt keine Unikate, keine Kunstwerke mehr, aber ihre Seinsmächtigkeit ist noch vorhanden. Der Zuschauer sitzt vor fremdbewegten Bildern, die Perspektive die auf ein Ereignis eingenommen wird, bestimmt der Regisseur. Beim Spielfilm ist es nicht nur wie im Theater eine Spiegelung, sondern die Spiegelung einer Spiegelung. Der Einbuße an Authentizität und Originalität steht jedoch ein Gewinn an Publizität gegenüber. Reichweite und Mitteilungsform kommen dem Rezipienten entgegen. Es lassen sich 2 Erfahrungen anschließen: (1) Oft genug wird das Verhältnis Wirklichkeit und Wirklichkeitsdarstellung umgekehrt à es wird nicht über das Ereignis berichtet, sondern der Bericht wird zum Ereignis. Und daraus (2) folgernd, müsste sich überlegt werden, wie die „Elektrisierung“ der Alltagskommunikation unter dem Aspekt „Menschlichkeit“ gesehen werden kann und eine sittliche Vertretbarkeit des technisch machbaren gelingt.
Wirkungstheorien
Denn die Wirkung dieser Medienwelt ist zwar umstritten, aber deswegen keinesfalls banal. Die bekannte Laswell-Formel lautet: Wer sagt Was zu Wem durch Welches Medium mit Welcher Wirkung?
Ob die Menschen nur wahrnehmen, was ihren ursprünglichen Dispositionen entspricht oder ob die Massenmedien zwar nicht bestimmen was, aber worüber sie nachdenken und sprechen, wie es die „Agenda Setting Forschung“ beschreibt, die Wirkungsforschung ist vor allem dort erfolgreich, wo sie den „Rezipienten orientierten Ansatz“ durchhält. Also die Reziprozität der personalen und sozialen Merkmale aus dem Untersuchungsfeld nicht ausklammert.
So werden Meinungen über weit entfernte Ereignisse eher von den Massenmedien beeinflusst als unmittelbar erfahrene. Der familiäre und engere Bekanntenkreis hat in der Regel auch mehr Einfluss auf die eigene Meinung. Problematisch wird es, wenn es zu Phänomenen wie Noelle-Neumann`s Schweigespirale kommt – also das die eigene Meinung aus Furcht vor Isolation, weil die omnipräsenten Massenmedien eine andere „propagieren“, nicht geäußert wird und so tatsächlich an Gewicht verliert – oder eine fehlende soziale Integration von Individuen vorliegt bzw. gemeinschaftliche Werte fehlen. Dann kann es schnell zu einer Orientierung an der massenmedialen Wirklichkeit kommen, die aber meist keine Sinneinbrüche verhindert, sondern nur kurzlebige Trends aufzeigt und bewirbt.
Im Wirkungsbegriff trifft Wirklichkeit und Wirkung aufeinander und deshalb müsste ein Wirkungsbegriff auch eine Wirklichkeitslehre voraussetzen.
Massenmedien
Das eigentliche Wirkungsfeld liegt auf jeden Fall im Bereich aktueller Meinungen. Die Medien wirken als ihre Erzeuger, Träger und Filter. Dabei führen Massenmedien eine Explosion von Möglichkeiten vor, die Welt erscheint zunehmend als kontingent. Dabei bedeutet Kontingenz nicht Beliebigkeit oder Zufälligkeit, sondern, dass das was ist, auch anders möglich, denkbar und anders wählbar ist, aber letztlich so gewollt, weil so entschieden wurde. Und das gilt auch für die Ressource Zukunft. Und da der Mensch nicht nur ein „Homo contingens“ sondern auch ein „homo communicator“ ist, vermittelt sich sein Wollen und Sollen bezüglich seiner Ziele heutzutage aus den Inhalten der Medienkultur. Die berechtigte Sorge um diese Medienabhängigkeit des Menschen beschäftigt die Sozialpolitik und sie schließt mit medienethischen Erwägungen an. Da ist es dann zunehmend so, wie Roegele sagt, dass unsere Demokratie ein leistungsfähiges System zur Information, Meinungsbildung und öffentlichen Diskussion über Dinge des gemeinsamen Interesses benötigt. Zum anderen stellt sich die Frage, warum in den meisten Medienformaten so viel Effekthascherei mit Negativbeispielen getrieben wird. Papst Johannes Paul II warf darauf hin die Frage auf, ob all das Negative in diesem Spiegel, nicht irgendwann Selbstzweck werden könnte? Ob der Genuss am Bösen, Zynischen und am Untergang nicht zum realen Zynismus und Menschverachtenden werden könnte?
Nachrichten
In den Nachrichten wird gezeigt, was Journalisten für wichtige und berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten. Sicherlich ist es nur menschlich, Neues erfahren und beobachten zu wollen, um es dann in den Alltag einzuordnen. Allerdings kann ein verzerrtes Weltbild entstehen, wenn man glaubt, dass Neue sei auch besser als das Alte, nur weil dieses, da es stabil ist, nicht im Programm erwähnt wird. Es wäre deshalb Aufgabe der Massenmedien ein Bild von der Welt zu zeichnen, wie sie wirklich ist. Gleichzeitig sind Tatsachen nicht alles. Wie objektiv ein Journalist auch berichtet, nicht nur technische Aspekte vermindern die absolute Objektivität der Botschaft, sondern auch die menschlichen Gefühle des Journalisten. Daher sollte der Journalist erstens Sachkompetenz besitzen, aber auch individuelle und engagierte Selbstverpflichtungen zu einem subjektiven Journalismus. D.h. seine Subjektivität zu leben und sie als Freiheit zu verantworten, also Verantwortung und Moralität gegenüber dem Leben zu zeigen. Eine unbarmherzige Berichterstattung führt schnell zu Nachrichten mit Nulleffekt, weil die Menschen systematisch ihrer Urteilsfähigkeit beraubt werden.
Unterhaltung
Vielleicht ist es die Aufgabe der visuellen Medien sowieso eher, Geschichten zu erzählen, eine Art der Unterhaltung zu entwickeln, die den Menschen auf menschlichste Weise begegnet. Dabei müssten sie es aber schaffen, von der Einweg-Kommunikation einen Schritt zur dialogischen Kommunikation zu machen. Denn ein nur eine Richtung reden nicht Propheten, sondern Tyrannen.
Auch lässt sich konstatieren, dass säkulare Kultur nicht populär ist, weil sie säkular ist, sondern weil sie sakramental ist.
Neue Vergemeinschaftungsformen und Neue Medien
Wie könnten nun menschlichere, christliche und vernünftigere Medieninhalte aussehen? Welchen Anforderungen müssten sie sich stellen?
Es müsste der Rezipient mehr einbezogen sein in den Kommunikationsprozess. Ein regionalisiertes und auch individualisiertes Medienangebot wären wichtig. Eine größere Anzahl Ombudsmänner in Medieninstitutionen wäre wünschenswert, die Leser- / Zuschauerkontakte pflegen und Anstrengungen der Selbstkritik und Selbstprüfung unternähmen. Aber auch das miteinbeziehen der Würde des Menschen, der Würde des sog. Rezipienten, der ein Recht darauf hat, nicht nur als Material verstanden zu werden, dass um jeden Preis an die Medien gefesselt werden soll und nur so zu reagieren hat, wie man es ihm suggeriert, sondern dem man verpflichtet ist gegenüber, Ereigniswirklichkeiten transparent zu machen und die Teilhabe an der Welt zu ermöglichen, weil er verstehen kann, was passiert.
Das in der Welt Sinn herrscht ist nicht selbstverständlich. Gesellschaftlich gesehen ist Nomos ein den Weiten der Sinnlosigkeit abgerungener Bezirk der Sinnhaftigkeit. Dazu muss durch Kommunikation (immer mit anderen) über anderes Sinn sich konstituieren. Massenmedien können hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Bezüglich einer Medienkirche kann man zu einen sehen, welch unglaublich telegenes Potential die römische Liturgie mit ihren vielen Zeichen, Symbolen und Gebärden mit sich bringt. Gleichzeitig sind religiöse Botschaften und die Verkündigung sensible Gegenstände. Die Glaubwürdigkeit in der Vermittlung muss im Vordergrund stehen, es darf kein Abnutzungseffekt entstehen, nur weil der Stoff Quotenjagend in vergröbernde und simplifizierende Strukturen gezwungen wird. Dies läuft aber nicht auf einen völligen Verzicht von Massenmedien zum vermitteln religiöser Inhalte hinaus. Wo Erziehung und Umwelt in der Vergangenheit bereits verantwortlich bereitstanden, ist eine Multi Media Generation herangewachsen, die ein kompetentes Verhältnis gerade auch zum TV erkennen lässt. Für sie können auch visuelle Medien auf ihre spezifische Art und Weise Religion ins Leben hinein nehmen und dazu beitragen Dinge so zu sehen, dass sie symbolhaft werden und etwas gegenwärtig werden lassen, das nicht anwesend ist. Es können spielerische Elemente eingebracht werden, die etwas von der Freude ins Christentum zurückholen, die dem mittelalterlichen Christentum nicht fremd gewesen ist. Dies natürlich immer unter dem Vorbehalt, dass dogmatische und präzise Formen, wie der Katechismus sie vermittelt hat, so nicht übertragen werden können. Die wahre christliche Erzählkunst ist das biblische Medium.
Die Frage die zentral ist, ist die Frage nach der Humanität und Moralität. Das Rezeptionsgeschehen in der Massenkommunikation ist in seiner Wirkung technologisch bedingt, aber gleichzeitig ist es ein von Menschen verantwortetes Ereignis, dessen Freiheit, wie Horkheimer es einst ausdrückte: „als Negation der gesellschaftlichen Zweckmäßigkeit, wie sie über den Markt sich durchsetzt“ in unserer Wahl steht. Die Menschen benötigen Informationen und sie benötigen Unterhaltung und Sinn, aber nicht irgendeinen, sondern solchen, der den geistigen Bedingungen des Lebens und der humanen Verantwortungsfähigkeit entspricht.
Botschaften müssen so vermittelt werden, dass sie gleichzeitig angenommen und verstanden, wie auch kritisch reflektiert werden können. Die Pressefreiheit und die von ihnen abgeleiteten Rechte sollen keine Blankoformular für die Medienmacher sein, sondern die Bürger zum Nutznießer der Medien machen.
An konkreten Beispielen festgemacht, muss man was die Bericht- und Nachrichtenerstattung betrifft, nur einmal die öffentlich-rechtlichen Formate wie „tagesschau“ oder „heute“ mit und Spartenkanal „Phoenix“, mit den „Nachrichten“-Formaten der meisten privatrechtlichen Sender vergleichen. Schnell wird deutlich, wer näher am Prinzip Freiheit –Freiheit des philosophischen Fragens und Kommunikationsverständnis – befindet und einen verantwortlichen Journalismus pflegt.
Dass Medien durchaus die Freiheit besitzen, Kindern Verhaltensweisen wie Freundschaftlichkeit und Hilfsbereitschaft zu vermitteln, zeigt da Sendekonzept der Kinderkanals in seinem deutlichen Kontrast zum Kinderprogramm von RTLII und Co.
Und was die hochmodernen Medienwelt des virtuellen WWW anbelangt, so bieten sich hier eine Reihe von Möglichkeiten zu dialogischer Kommunikation, was von katholischer Seite auf katholisch.de auch schon ansehnlich gezeigt wird, mit bspw. offenen Foren zu lebensweltlichen Themen wie Glaube oder Trauer etc.
Eine stärkere Medienpräsenz gerade von dem einzelnen Katholik als Katholik im Netz kann sich auch am Missionsauftrag orientieren. Es entsteht hier eine neue „virtuelle Welt“, in die sich viele zurückziehen. Auch gerade weil sie kein stabiles soziales Umfeld in ihrer unmittelbaren Umgebung zur Seite haben. Wenn sie nicht erreicht, nicht angesprochen werden, sind sie am Ende schnell für diejenigen Ansprechpartner, die in ihnen nur das Material und nicht den Menschen sehen.