Sonntag, Oktober 26, 2008

Technikfolgen

"Die Risiken auf die man sich einlassen muss, nehmen zu, und die Zukunft hängt von Technologien ab, die derzeit noch nicht zur Verfügung stehen."

Niklas Luhmann, Gesellschaft der Gesellschaft, S.533

Samstag, September 13, 2008

Macht in der Gesellschaft (der Gesellschaft)

Ein Freund fragte mich heute nach Luhmann`s Definition von Macht und ich muss zugeben, ich habe sein (Luhmann`s) kleines Machtbuch noch nicht gelesen. Die Universitätsbibliothek ist weit weg und so greife ich in das hauseigene Bücherregal. Mal sehen, was z.B. die Gesellschaft der Gesellschaft zu diesem Begriff so hergibt:

Bei Macht geht es um die Anschlusshandlungen an vorausgegangene Handlungen, wobei es zentral ist, dass es sich um Handlungen handelt und nicht nur das Erleben einer Kommunikation im Mittelpunkt steht. Somit wird ein aktiver Kommunikationsablauf evoziert, der erst damit abgeschlossen ist, wenn die erkennbaren Handlungen Egos keine reflexiven Beobachtungen der Kommunikation mehr provozieren, die Alter veranlassen weiter an die Kommunikation anzuschließen: (1) Alter will etwas und organisiert diesen Willen in entsprechenden Handlungen inkl. Handlungsanweisungen an Ego --> (2) Ego muss sich mit diesen Handlungsanweisungen auseinander setzen mit Blick darauf, ob er sich zustimmend oder ablehnend verhalten will --> (3) verhält Ego sich zustimmend, wird Alter dies neutral bis wohlwollend registrieren, (4) verhält sich Ego ablehnend wird Alter entscheiden müssen, ob (1') weitere Willensentscheidungen aus der Interpretation der Situation erfolgen sollen, die dann ggf. in Handlungen inkl. Handlungsanweisungen organisiert werden --> (2')...

"Das Bezugsproblem von Macht stellt sich nur in dem Sonderfall, dass das Handeln Alters in einer Entscheidung über das Handeln Egos besteht, deren Befolgung verlangt wird" (S.355) Konkret ausgedrückt: Es geht um Befehle, Weisungen etc. Alters an Ego. Alters kontingente Selektion ist als Prämisse für Egos Handlungen vorausgesetzt. Wird an die Prämisse nicht erwartungsgemäß angeschlossen muss Ego mit Sanktionierungen rechnen. Wobei – wie oben beschrieben - "Die Form der Macht nichts anderes als diese Differenz, die Differenz zwischen der Ausführung der Weisung und der zu vermeidenden Alternative [ist]." (S.356) Macht bezieht ihre Eigen-Macht im Kommunikationsprozess dadurch, dass sie durch überlegene physische Gewalt gedeckt ist. (S.481) Das ist ein wichtiger, nur in Krisensituationen der modernen Gesellschaft (im Blitzlichtgewitter der Medien?!) aufblitzender Punkt. Wobei ich mir gerade denke, dass es bereits früher der Fall gewesen sein könnte, dass sich Macht auch durch psychische Macht (Propaganda, Ideologie, ggf. Religion) etablieren konnte und in der Hochmoderne auch durch Informationssteuerung (Agenda Setting) sich stabilisiert. Müsste man weiterdenken....

Bei all dem ist Macht nichts festes, starres, ontologisches, sondern Macht ist ein Medium in dem sich bestimmte Machtziele und Sanktionsarten als Formen kristalisieren. (S.355 & 356). Diese Formen, gilt es dann in verschiedenen Kontexten zu analysieren. Die Berücksichtigung des Kontextes ist natürlich deshalb relevant, weil ein bestimmter Wille, eine bestimmte Zustimmung oder Ablehnung und eine bestimmte Sanktion bzw. Nicht-Sanktionierung in unterschiedlichen Situationen trotz Gleichartigkeit unterschiedliches ausdrücken kann.

Interessant finde ich noch, dass man mit Macht, ähnlich wie Geld, haushalten muss: "Parsons hatte, in Analogie zum Geld, von der Notwendigkeit gesprochen Macht auszugeben" (S.376) So wird Macht inflationäre dadurch, dass eine nicht haltbare Politik in Aussicht gestellt wird. (S.385)

Freitag, September 12, 2008

Begriffe des Tages

Einge Begriffe, von denen ich mir erhoffe, dass sie mir irgendwann einmal helfen mehr zu beobachten, als sie mir im Moment noch sagen:
  • Phase
  • Vektor(raum)
  • quantentheoretischer Probabilismus
  • Schwingung
  • stabil/elastisch # stabile Elastizität # elastische Stabilität

Ist alles von physikalischer Literatur geprägt zur Zeit. Aber m.E. läuft die Differenz der Wissenschaft nicht zwischen Naturwissenschaften und Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, sondern zwischen reduktionistischen Wissenschaften und an komplexität orientierten Wissenschaften...

Donnerstag, September 11, 2008

"Die kopernikanische Revolution der Unvernunft"

"Aus dem endlosen Meer des Irrationalen, des Nichtentzifferbaren und des Schweigens steigt langsam die abgeschlossene Insel der Vernuft empor."
Michel Serres - Hermes I, Kommunikation

Sonntag, September 07, 2008

Einführung in die Quantentheorie

Ich habe mir heute im Kölner Hbf, auf der Durchreise, das Buch "Quantentheorie: Eine Einführung" von Polkinghorne gekauft. Ich kenne den Autor eigentlich nicht, habe aber gerade auf Wikipedia erfahren, dass er sowohl Physiker als auch Priester der Anglikanischen Kirche ist. Er hat auch Bücher zu der Verbindung ("strukturellen Kopplung" ?!) von Naturwissenschaften und Theologie geschrieben. Mich fasziniert das natürlich, weil ich der Ansicht bin, dass wir einen universalen Gedanken nicht ausblenden sollten, ohne dabei das Universale, als reduktionistische Weltformel zu denken. Stattdessen vermute ich, geht es in Richtung einer überkomplexen und vermutlich, nur äußerst paradox zu denkenden Einheit. Einheit auch nicht im Sinne eines einzigen Objekts, sondern eher im Sinne einer Einheit multipler Ressonanzen. Aber bevor ich Laie hier hier auf die schiefe theologische Bahn gerate, werde ich mich erst einmal wieder den einführenden Erklärungen in die Quantenphysik zuwenden.... schwierig genug...


Übrigens: In der ZEIT diese Woche ein Artikel über Peter Higgs, den Erfinder (und vielleicht bald Entdecker...) des Higgs-Teilchens und in der FAS von heute, ein Artikel über Teilchenbeschleuniger. Interessant, denn schließlich wird am kommenden Mittwoch der LHC am CERN in Betrieb genommen.

Freitag, September 05, 2008

My Bonnie is over the ocean...

"Das Medium [...] ist die fungierende Präsenz des Nicht-Präsenten [...]"

Peter Fuchs, Der Mensch - Das Medium der Gesellschaft? (S.25)


Mittwoch, September 03, 2008

Emergenz = Kannibalismus ?!

In der FAZ von heute, schreibt Hermann-Michael Hahn über "Wachsende Ordnung im expandierenden Kosmos". Der Artikel trägt die Überschrift "Junge Galaxien wachsen durch Kannibalismus". Was er dort als "wachsende Ordnung" erklärt ist die Entstehung emergenter Galaxien durch die Verschmelzung von einzelnen kleineren Sternenansammlungen.

Der Gedanke, dass es sich bei der Entstehung höherer Ordnung um Kannibalismus handeln könnte, ist vielleicht ganz brauchbar. Ernähren sich Kollektive von Individuen? Sind deshalb in der Systemtheorie keine Menschen mehr vorhanden [wenn wir mal von Peter Fuchs' klugem Gedanken, dass Menschen das Mendium der Gesellschaft sein könnten, absehen], weil die moderne Gesellschaft sie gefressen hat?!?

Dienstag, September 02, 2008

Letztens im Systemtheoriekreis:

Gerrit: "Ich lebe in der besten aller möglichen Welten!" (Leibniz)

Jonny: "Ich lebe in der schlechtesten aller möglichen Welten!" (Schopenhauer)

Daniel: "Ich lebe in der schlechtesten und besten aller möglichen Welten zugleich!" (Luhmann)

Marc-Bernhard: "Ich lebe in ganz vielen Welten!" (Postmoderne)

Montag, September 01, 2008

Gemeinschaft der Essenden

"Ich glaube nun, dass dieses Gefühl der Gemeinsamkeit, der Zusammengehörigkeit, in hohem Maße durch Essen gefördert wird - gemeinsam Essen schafft eine Essensgemeinschaft, aber eben auch eine Gemeinschaft im weiteren Sinne. Ich glaube ferner, dass Gemeinschaften, die Stämme im eigentlichen Sinne bilden, auch eine gemeinsame Küche ausformen, in der sich eben die Werte spiegeln, die für diesen Stamm charakteristisch sind, die ihn gegen andere abheben. Wir finden hier auch charakteristische Rituale, feststehende, gleich bleibende Abläufe und spezifische 'kulinarische Ikonen'."

Michal Polster - Eine kleine Philosophie der Kaffeepause. In: Platt, Thomas (2004): Genussbarometer Deutschland, Berlin

Dieses Zitat erinnert mich ein bißchen an ein Glaubensbekenntnis. Statt "Stämme" würde doch "Kirche" hier auch sehr gut klingen. Und ist nicht die "Völlerei" auch schon im Christentum als religiöser Verweis - wenn auch negativ konnotiert - mit an Bord?! Vielleicht gibt es eine Religion des Kulinarischen, in einem Zeitalter ausgebreiteten Hedonismus m.E. nach nicht unbedingt abwegig. Statt "Amen" am Ende, heißt es aber dann wohl "Guten Appetit" am Anfang....

Dienstag, August 26, 2008

Emergenz re-loaded

Emergenz ist kein neuer Begriff, auch wenn Laughlin`s Buch von einer gewissen Überraschung in dieser Hinsicht zeugt. Ich selbst bin, wie könnte es anders sein, bei der Luhmann-Lektüre während des Studiums auf dieses Phänomen höherer Ordnung gestoßen. Verbunden mit diesem Begriff war immer, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Dieser Satz wiederum führte, und ich glaube das geschah auch ziemlich schnell (spätestens in einer Vorlesung von Alois Hahn), zu der Erkenntnis, dass gleichzeitig das Ganze auch weniger ist als die Summe seiner Teile. Viele Eigenschaften des Individuums bspw. finden sich nicht mehr in den Verhaltensweisen des Kollektivs, welches sich aus Individuuen zusammensetz, aber ganz eigenen Regeln folgt, nicht mehr wieder. Dabei kann es sich u.a. um Verhalten, Handlungen oder Kommunikationen handeln, die in anderen Kollektiven als dem beobachteten vollzogen werden, aber auch um so genuin individuelle Phänomene, dass wir sie gemeinhin der Psychologie zurechnen, wie etwa Träume.

Das führt mich zu der Frage, die einmal mein Freund Lars Alberth in den virtuellen Raum warf: "Wovon träumt die Gesellschaft?". Weit entfernt diese Frage beantworten zu können, denke ich bei Traum nicht zuerst an Siegmund Freud, sondern an den Surrealismus. Dieser verspricht die Einheit von Traum und Wirklichkeit (vgl. André Breton, Erstes Manifest des Surrealismus) - einer emergenten Ordnung zweier einzelner Realitäten also. Deren Entdeckung steht aber, so meine Einschätzung, noch aus. Und ich habe sogar den Eindruck, die Rationalität tut alles, um die Latenz auch wirklich latent zu halten.


Verschwinden die Träume im emergenten Phänomen Gesellschaft?

Oder gibt es ein emergentes System der Träume, welches wir noch nicht entdeckt haben?

Wann löst sich die Rationalität in ein Suprasystem von Rationalität und Traum auf?

Sonntag, August 24, 2008

Zitat

"Wenn wir also von universellen Größen sprechen, so meinen wir eigentlich die Experimente, mit denen wir sie messen."


Als einem Dirk Rustemeyer-Schüler ist mir dieser Gedanke natürlich schon einmal begegnet. Und zwar in einem Seminar in Trier, in dem die Frage nach dem Sein gestellt wurde. Wir lasen dort unter anderem einen Text von Hans-Jörg Rheinberger, der explizit die Frage nach dem Experiment und den an ihm Beteiligten stellte. Beteiligt sind ja nicht nur die beteiligten Personen, sondern auch die Apparate (Computer, Taschenrechner, Laser, Fragebögen etc.), und auch die Kommunikationen, die ein solches Experiment produziert. Wobei man auf keinen Fall die "inoffiziellen"/"informellen" Schriftstücke, Bilder und Sprechakte vergessen darf, die scheinbar als Abfallprodukte erzeugt werden und dabei eine enorm strukturierende Rolle, mit hohen Ressonanzwirkungen spielen. So kann man vielleicht - ich jedenfalls tue dies - erstaunt in seinen Notitzblock blicken und sehen, wie man sich selbst oder auch andere bei diesem oder jenem beobachtet hat, sich Gedanken(fetzen) notierte, und so ein Labyrinth schuf, durch das gegangen zu sein, man sich nachher rühmt und welches auf diesem Weg ordentlich analysiert und die Ergebnisse sauber katalogisiert wurden. PowerPoint wirft dann appetitliche Kuchen und träumerische Balken an die Wand, vergessen hingegen, der kritzelige Schmierzettel. Er liegt begraben im Papierkorb und nichts erinnert mehr daran, dass auf ihm die Konstruktionspläne sich kristallisierten.


Diese Notitzen waren Teil der Entwicklung eines Kokons, den ich mir zu bauen gedachte und in dem ich und einige soziologische Ideen, später sehr gut übersommern konnten...

Samstag, August 23, 2008

Blog Aktuell

Seit dem letzten Blogeintrag ist viel Zeit vergangen und während "hier" im virtuellen Raum nichts geschah, ist "hier" in der nicht-virtuellen Welt viel passiert. Deswegen heißt der Blog auch nicht mehr "Medien und ihre Funktion" sondern "Soziologischer Bastelkurs". Dieser neue Titel lässt mir mehr Freiheitsgrade, was unter seiner Überschrift zu konditionieren ist und das wird dem Schreibfluss, so meine Vermutung, gut tun.

Dennoch werde ich mich kurz selbst theoretisch positionieren. Dies geschieht zum einen, um ungefähr klar zu machen, wie der Stand der Dinge ist, aber auch, um mich von dieser Position hoffentlich im Laufe der Zeit zu entfernen - und sei es nur, um nachher wieder zu ihr zurückzukehren.

Also: Ich bin, nachdem ich mich sehr stark in die Systemtheorie von Niklas Luhmann und Dirk Baecker eingearbeitet habe unter anderem zu Michel Serres gelangt. Die Verbindung zwischen den dreien liegt für mich in ihrem kommunikationstheoretischen Bezug, in ihrer Differenztheorie und ihrem Verständnis von Information. Differenzen, da folge ich Dirk Backer (Form und Formen der Kommunikation) liegen unter anderem darin, dass es Luhmann vor allem um eine Systemtheorie, Baecker um eine Kommunikationstheorie und Serres um eine Theorie des Boten geht. Wobei mich in meiner Diplomarbeit mit einem Beitrag zur Phänomenologie des Kulinarischen in der fruchtbaren Kombination dieser drei Theorien versucht habe.

Desweiteren suche ich zur Zeit in naturwissenschaftlichen Publikationen nach Möglichkeiten eines Theorietransfers in die Gesellschaftswissenschaft. Erste Schritte habe ich mit "Stabile Ungleichgewichte" von Reichholff und mit "Abschied von der Weltformel: Die Neuerfindung der Physik" von Laughlin unternommen. Vieles was ich dort gelesen habe ist natürlich schon in die Systemtheorie eingegangen: Stabile Ungleichgewichte, offene/geschlossene Systeme, Emergenz etc. Dennoch sehe ich gerade bei der Entwicklung meines Emergenzbegriffs noch großes Potential.
Als gesellschaftstheoretische Lektüre steht nun zunächst einmal "Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft" von Latour auf dem Programm.