Donnerstag, April 30, 2009

Scharf schießt die KT

Nach Arnold Gehlen bin ich gestern noch zum Beitrag von Adorno und Horkheimer zur "Kulturindustrie" in der Dialektik der Aufklärung geswitcht. Und obwohl die beiden ja wirklich die dumpf vor sich hin starrende Apokalypse auf die Wohnzimmercouch projizieren, muss ich immer wieder lachen während ich den Text lese. Es sind Stellen wie

"Lichtspiele und Rundfunk brauchen sich nicht mehr als Kunst auszugeben. Die Wahrheit, daß sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich herstellen."

oder:

"Die Verfassung des Publikums, die vorgeblich und tatsächlich das System der Kulturindustrie begünstigt, ist ein Teil des Systems, nicht dessen Entschuldigung."

die mir ob ihrer überzogenen, aber pointierten Schärfe Freude beim Anblick des Bösen machen. Nicht das Böse erfreut freilich, sondern der Blick auf es!

Die beiden schießen einfach wie Heckler&Koch im Kontext etablierten Niveaus auf alles was über den Bildschirm flimmert. Man kann sie sich gut in als Player eines intellektuellen Egoshooters vorstellen, die auf der Jagd nach Kapital-Monstern durch düstere (Unter-)Welten streifen.

Da ich weder ein Feind der intel(l)ektuellen Betätigung und auch keiner des Ego-Shooter-Spielens bin, sehe ich auch die oftmals durchaus praktikablen Analysen der von ihnen erkundeten Welt und der dabei erzeugten Landkarte:

"Die alte Erfahrung des Kinobesuchers, der die Straße draußen als Fortsetzung des gerade verlassenen Lichtspiels wahrnimmt, weil dieses selber streng die alltägliche Wahrnehmungswelt wiedergeben will, ist zur Richtschnur der Produktion geworden. Je dichter und lückenloser die Techniken die empirischen Gegenstände verdoppeln, um so leichter gelingt heute die Täuschung, daß die Welt draußen die bruchlose Verlängerung derer sei, die man im Lichtspiel kennenlernt."

...wenn das nicht eine Aufforderung ist mehr Godard zu gucken ist, weiß ich auch nicht - und für Godard bin ich immer zu haben....

Mittwoch, April 29, 2009

Gehlen's Blick ins Substanzlose

Lese gerade den Text "Die gesellschaftliche Situation unserer Zeit" aus "Anthropologische und sozialpsychologische Untersuchungen" von Arnold Gehlen. Und dabei finde ich es doch bemerkenswert, dass er von der "landschaftslosen Welt-Industrie-Kultur" spricht und praktisch den Zustand der Kommunikations- und Computergesellschaft schon zu erahnen scheint. Wobei ihm letzteres selbstredend nicht vor Augen schwebte, aber diese eben die konsequente Organisation der Degeographisierung der Gesellschaft geschaffen hat. Die Kommunikationsgesellschaft kann er dagegen aus der "sachnotwendigen", aber immer abstrakten sowie mobilen Hierarchisierung in modernen Industrieunternehmen, also durch modernes Management, herleiten.

Und bei all dem kommt er dann auch noch zu dem "befangenen Gedanken", den er vorsichtig, weil ins Ungewisse prognostizierend, formuliert, dass es im Zuge einer Weltkulturen zu glokalen Kulturzuständen komme müsse: "[...] dass sich im Schatten eines solchen weltumgreifenden industriellen Überbaus die bunteste Partikularität kleinteiliger Lokalzustände mit neubestärktem Sonderpathos entwickeln müsse, da daß sich seelisch ausfüllbare Künste und Sitten künftig unterhalb des Publizitätsbereiches, also im nichtöffentlichen Raum entwickeln könnten."

Gleich kommt er zur "moralischen Überforderung des Individuums"... spannend....

Dienstag, April 28, 2009

Kulturtheorie

Bin auf der Suche nach prägnanten Gedanken, die ich in einem Impulsreferat zur Kulturtheorie aufblitzen lassen will. Und natürlich gibt es zu viele... Wie die Komplexität reduzieren und trotzdem am Horizont mitflimmern lassen?

Auf jeden Fall werden Adorno, Gehlen und Adorno & Gehlen zu Wort kommen. Schließlich waren diese dank Alex Demirovic auch die beiden, die mir einen ersten spannenden Spannungsbogen in Sachen "Kulturtheorie" und (!) "Kulturreflexion" eröffeneten. Außerdem streiten sich die beiden so schön - bis sie merken, dass sie beide gar nicht so verschieden sind, denn spielen sie doch beide "das Kulturspiel"...

Ewig grinsen die gleichen Babies aus den Magazinen, ewig stampft die Jazzmaschine.
Bei allem Fortschritt der Darstellungstechnik, der Regeln und Spezialitäten, bei allem
zappelnden Betrieb bleibt das Brot, mit dem Kulturindustrie die Menschen speist, der
Stein der Stereotypie

Th. W. Adorno & M. Horkheimer, Dialektik der Aufklärung