Freitag, Dezember 22, 2006

(67) Kybernetik zweiter Ordnung als Paradoxie (LRM21)

">Gott ist tot<, hat man behauptet - und gemeint: der letzte Beobachter ist nicht zu identifizieren." (Niklas Luhmann, RdM S.210)

Wir unterscheiden zum einen die operative Schließung (--> ein System reproduziert eigene Strukturen und Operationen nur aus eigenen Produkten) und die kognitive Schließung (-->ein System beobachtet bei allen seinen Kognitionen mit, dass es sich nur um seine eigenen Kognitionen handelt).

Mit der kognitiven Schließung wird die Frage nach dem Beobachter aktuell und wer sein Beobachten beobachtet kann eigenes Handeln und Erleben begründen, wenn er auf die der Beobachtung vorausgehende Unterscheidung stößt.

Luhmann stellt fest, dass das System der Massenmedien n i c h t auf der kognitiv geschlossenen Ebene operiert. Die Fremdreferenz der Massenmedien bezieht sich auf die Berichterstattung von Ereignissen und Meinungen. Das führt aber nur zu der Frage welcher "andere" Beobachter dies beobachtet. Die Selbstreferenz der Massenmedien dagegen thematisiert systemimmanente Strukuren und Operationen. Allerdings in der Art wie Objekte beobachtet werden und nicht wie hier wie beobachtet wird.

Als Soziologen (und auch sonst kann man dies tun) stellen wir aber diese Frage nach der Kontingenz jeder Beobachtung 1. Ordnung und damit kommen wir zur Paradoxie der kybernetischen Beobachtung 2. Ordnung, denn wir fragen dem, was für den Beobachter selbst unsichtbar bleibt. Dieser Widerspruch bewahrt die Theorie davor dogmatisch zu werden und veranlasst sie zur rekursiven Selbstbeschäftigung, gerade auch in Bezug auf die Frage, wie sie die eigene, selbstbezügliche Blindheit auszuhalten gedenkt.

Die Systemtheorie entfaltet diese Paradoxie als Zeitform, als Arrangement, welches nach Neubeschreibungen sucht, gleichzeitig aber mitdenken muss, dass der Letztbeobachter (die letzte Unterscheidung) immer unsichtbar bleiben wird und insofern Unterscheidungen keine ontologischen Sachverhalten an den Tag legen werden, sondern nur im Moment für den Moment zu überzeugen vermögen (oder auch nicht).

Wenn die Soziologie nun die Massenmedien beobachtet, so ist dreht es sich dabei um die Frage:

"Wie ist es möglich, Informationen über die Welt und über die Gesellschaft als Informationen über die Realität zu akzeptieren, wenn man weiß, wie sie produziert werden?" (Niklas Luhmann, RdM S.215)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die Systemtheorie nach Luhmann scheint mir zwar interessant zu sein, jedoch kann ich z.B. mit der Aussage "Alles was wir wissen, wissen wir aus den Massenmedien" nicht so recht viel anfangen. Wenn man nun noch bedenkt, das sich der Kommunikationsbegriff in diesem Konstruktionsnetz nicht kompatibel zum Verständnis der Informationstheorie verhält, wird ein konstruktiver Dialog zwischen den einzelnen Disziplinen mehr als erschwert. Entweder löst sich momentan alles auf, oder wir haben die enorme Aufgabe, die Begrifflichkeiten so zu sortieren, das ein wissenschaftlicher Dialog entstehen kann, welcher uns in eine neue Dimension unserer Spezie hebt.

Ich habe mich übrigens sehr gefreut heute deine Seite beim "googeln" gefunden zu haben. Meine Kontakte sind zwar qualitativ schon recht gut, jedoch mal schnell zum Talk bei nem kühlen Bier nach Berlin, Dresden oder Hamburg zu fahren, ist leider selten möglich. Vielleicht ergibt sich demnächst mal ein Treffen?

Gruß aus Kanzem