Donnerstag, November 30, 2006

(64) Die Funktion der Massenmedien (LRM18)

Die Gesellschaft beobachtet sich, wie jedes autopoietische soziale System selbst, indem sie die Kommunikation, welche in ihr stattfindet und sie gleichzeitig konstituiert, im Verstehen nach Mitteilung und Information ( }-zusammengenommen, aber jeweils für sich beobachtet ergibt das die Differenz zum reinen Verhalten) unterscheidet.

Die Massenmedien dirigieren die universale Selbstbeobachtung der Gesellschaft, wobei sie die Welt in System (hier: = Gesellschaft) und Umwelt spalten. Für die Autopoiesis des Systems stellen sie das Gedächtnis dar, dass selektiert welche Irritationen für das Publikum erzeugt und bearbeitet werden. Diese Irritationen werden in Form von Informationen vermittelt. Sie sind zeitpunktgebundene Orientierungspunkte auf die sich die moderne Geselleschaft bezüglich ihrer Selbst- und Weltbeschreibung bezieht.

Die Massenmedien sind mit der Erwartung - die auch gleichzeitig ihre Funktion spezifiziert - konfrontiert, diese Irritationen / Informationen regelmäßig, ja geradezu ununterbrochen zur Verfügung zu stellen. Die Gesellschaft hat sich so ein Mittel geschiffen stabil für Unruhe zu sorgen, was den Kommunikationsvorgang der Gesellschaft aktiv hält und eine zu "stake Bindung an etablierte Strukturen" verhindert.

In einer funtkional ausdifferenzierten Gesellschaft, mit ausdifferenzierten Kommunikation die auf universalgesellschaftlichen Gültigkeitsanspruch verzichten müssen, ist es die Funktion der Massenmedien einen gesamtgesellschaftlich relevanten Informationspool zur Gegenwart der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, an dem die Teilsysteme ihr Gedächtnis und ihre Zukunftserwartungen ab-/vergleichen können.

Über die Massenmedien läuft die Identitätsbildung der Gesellschaft. Sie saugen Kommunikation an und provozieren Anschlußkommunikationen, die sie wiederum aufsaugen. So werden die Eigenwerte der modernen Gesellschaft entwickelt.

Dabei handelt es sich nicht um einen Konsens oder irgendwelche gemeinsamen Wertüberzeugungen, sondern um Objekte die als gegeben vorausgesetzt werden können und die zum Differenzen bilden freigegeben sind. Die Massenmedien erzeugen keine Werte oder Wahrheiten, sie erzeugen Bekanntsein. Dies muss so schnell und weiträumig geschehen, dass es tatsächlich bald "in aller Munde" ist.

Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Theorie des Gedächtnisses der Gesellschaft. Für die Selbstbeobachtung eines Systems - also für seinen re-entry - benötigt dieses Systeme eine zeitliche Doppelorientierung. Es muss zum einen über eine Aktualisierung von Inaktuellem als Inaktuellen (= Gedächtnissfunktion) verfügen, als auch eine offenen Zukunft besitzen, in der zwischen System und Umwelt noch unterschieden werden kann. Die Vergangenheit bringt bringt Redundanzen mit sich, die Zukunft lässt im Oszillieren zwischen System und Umwelt Platz für Varietät. Beides muss gewährleistet werden um nicht zu erstarren oder einen "Wärmetod" zu erleiden.

Die Massenmedien erledigen zweierlei:

1.) Als Gedächtnis kümmern sie sich darum, dass einiges erinnert und das meiste vergessen wird (Sie vollziehen Selektionsakte). Über Rekursionsakte wird im System dabei der Widerstand von allzugroßen neuen Sinnzumutungen organisiert und im Wechsel von Operation gegen Operation erzeugt das System seine Realität.

2.) Sie organisieren gesellschaftsweite Kommunikationsthemen mit Beiträgen, auf die zustimmend oder ablehnend reagiert werden kann. Dabei ist eine schneller temporaler Wechsel möglich, also die Hinwendung zu neuen bzw. die Reaktualisierung zurückliegender Themen.

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